Kategorie: Formel1 06.03.2009
Fragen an BMW Sauber F1 Team Fahrer Nick Heidfeld.
München/Hinwil, 6. März 2009. BMW
Sauber F1 Team Pilot Nick Heidfeld hat einen aktiven Winter hinter sich: Nach
intensivem Fitnesstraining fühlt er sich stärker denn je, hat sich mit der
Mutter seiner Kinder verlobt und setzt sich mit Eifer mit den Herausforderungen
der neuen Fahrzeug-Generation in der Formel 1 auseinander. Sieben Testtage mit
dem BMW Sauber F1.09 liegen hinter ihm. Nach den Stationen Valencia, Sakhir und
Jerez folgen am 9. und 10. März noch zwei Testtage in Barcelona. Dann rückt er
erst wieder beim Saisonauftakt in Melbourne zum Großen Preis von Australien
(27.-29. März) aus.
- Nick Heidfeld, sind Sie zufrieden mit dem Stand der Vorbereitungen?
BMW Sauber F1 Team
Fahrer Nick Heidfeld: „Diesmal haben die Vorbereitungen Expeditionscharakter. Es
gibt so viele Neuerungen, mit denen sich jeder auseinanderzusetzen hat. Das
macht mir viel Spaß. Meine persönliche Bilanz der bisherigen Tests fällt recht
positiv aus. Das Fahrverhalten des F1.09 ist schon ziemlich gut für ein komplett
neu entwickeltes Auto, und es reagiert gut auf Einstellungsveränderungen. Die
Zuverlässigkeit war nicht optimal, aber wir standen nie vor unlösbaren Problemen
und haben bislang mehr Kilometer als einige andere abgespult. Trotzdem ist durch
die Testlimitierung natürlich jeder verschenkte Kilometer ein Jammer. Wir haben
kontinuierlich Verbesserungen vornehmen können und haben auch noch viele weitere
Ideen, wo wir ansetzen können. Was das allerdings im Vergleich zur Konkurrenz
wert ist, weiß ich leider nicht. Beim Testen spielen ja alle mit verdeckten
Karten. Man weiß nie genau, welches Programm die anderen gerade fahren,
geschweige denn, wie viel Benzingewicht sie an Bord haben. Ich bin froh, wenn
diese Kaffeesatzleserei in Melbourne ein Ende hat.“
- Welche der Neuerungen am Fahrzeug gefällt Ihnen am besten?
Heidfeld: „Erstmal finde ich den Ansatz, der all diesen Änderungen zugrunde
liegt, richtig. Ziel war ja, Überholvorgänge zu erleichtern. Ich denke auch,
dass das Zusammenspiel der verschiedenen Faktoren da etwas bewirken wird. Etwas,
wohlgemerkt. Wir werden nicht plötzlich Verhältnisse wie im Tourenwagensport
haben. Ich freue mich über die profillosen Reifen. Es hat mir nie gefallen, dass
wir ausgerechnet in der Formel 1 so lange auf Slicks verzichtet haben. Die
Aerodynamik mit dem spürbar reduzierten Abtrieb verlangt eine gewisse Umstellung
des Fahrstils.“
- Erklären Sie uns doch mal, wann und wie es hilfreich ist, den Frontflügel vom Lenkrad aus zu verstellen, was ja
neuerdings erlaubt ist.
Heidfeld: „Das kann der Balance des Fahrzeugs in verschiedenen Kurven helfen. Wir dürfen dieses System
allerdings nur zwei Mal pro Runde benutzen. Konkret: Wir dürfen eine Änderung
vornehmen und dann wieder zurück in die Ausgangsposition stellen. Ob es dem
Ziel, das Überholen zu erleichtern, wirklich hilft, bezweifle ich, aber das wird
sich erst im Rennen zeigen.“
- Und wie kommen Sie mit dem Kinetic Energy Recovery
System (KERS) zurecht?
Heidfeld: „Das macht auch Spaß! Wenn man den Boost-Button
am Lenkrad drückt und den zusätzlichen Schub von 80 PS spürt, ist das klasse.
Beim Testen habe ich auch schon erste Erfahrungen gemacht, wie es ist, wenn ein
anderer Pilot den Knopf drückt und ich nicht. Der ist dann einfach gleich mal
weg. Man muss sich diese zusätzliche Leistung sehr gut einteilen, das ist
speziell im Rennen Fahreraufgabe. 6,5 Sekunden lang pro Runde darf man den Knopf
drücken. Das bringt vor allem dann für das Überholen etwas, wenn man dicht
hinter jemandem herfährt. Also beispielsweise nach dem Start. Sobald wir 100
km/h erreicht haben, und das dauert bei uns keine drei Sekunden, gibt die
Elektronik den Boost-Button frei. Dafür muss man natürlich den Speicher vorher
aufgeladen haben.“
- Sind diese ganzen Funktionen nicht
verwirrend für Sie als Fahrer?
Heidfeld: „Man gewöhnt
sich daran. Aber ich muss sagen, als wir noch die BMW eigene Elektronik und
nicht die F1-Einheitselektronik hatten, war mein Lenkrad übersichtlicher. Damals
gab es clevere Unterebenen bei einzelnen Funktionen.“
- Was ist Ihr persönliches Saisonziel?
Heidfeld: „Das
ist seit Jahren immer dasselbe: Ich will in jeder Runde und an jedem
Rennwochenende das maximal Mögliche aus dem Auto und der Situation herausholen.
Was tatsächlich möglich ist, bestimmt zu weiten Teilen unsere technische
Leistungsfähigkeit. Das Ziel des Teams ist es, 2009 in den Titelkampf eingreifen
zu können. In den vergangenen Jahren haben wir unsere Etappenziele immer
erfolgreich abgearbeitet. Ich hoffe, das gelingt uns auch 2009.“
- Dann hätten Sie gute Chancen, Ihren ersten Grand-Prix-Sieg einzufahren…
Heidfeld: „Ja, dafür ist Voraussetzung, dass man in einem siegfähigen Auto
sitzt. Das wünsche ich mir natürlich, und daran arbeiten wir.“
- Wie sieht Ihr Beitrag dabei aus?
Heidfeld: „Ich bringe mich so weit wie möglich in die Entwicklung ein. Ich erläutere unseren
Ingenieuren genau, wie sich das Fahrzeug anfühlt und wo ich mir Verbesserungen
wünsche. Ich bin kein Entwicklungsingenieur, aber ich denke schon, dass ich mit
meiner Erfahrung Rückmeldungen geben kann, die das Team weiterbringen. Ein
anderer Aspekt ist meine eigene Kondition. Ich habe diesen Winter so viel
trainiert wie nie zuvor, auch, weil wegen der Testbeschränkung mehr Zeit zur
Verfügung stand. Ich fühle mich super fit.“
- Haben Sie auch gehungert? Man las über Magerwahn in der Formel 1.
Heidfeld: „Nein, ich habe nicht gehungert, und das wäre auch falsch. Gewicht und
Leistungsfähigkeit stehen in Zusammenhang. Radikale Hungerkuren schwächen nur.
Aber ich habe sehr auf meine Ernährung geachtet und trotz des zusätzlichen
Muskelaufbaus durch das Training sukzessive zweieinhalb Kilo abgenommen.“
- Müssen Sie Ihr Trainingsprogramm auch während der Saison intensivieren, weil ja
die Testfahrten wegfallen?
Heidfeld: „Ganz sicher. Das beste Fitnesstraining zum Formel-1-Fahren ist das Formel-1- Fahren. Das muss
aufgefangen werden.“
- Wird trotzdem noch Zeit zum Heiraten bleiben? Sie haben sich ja verlobt…
Heidfeld: „Wir haben noch keinen Termin, aber daran wird es nicht scheitern.
Durch das Testverbot sollte das möglich sein.“
- Wie sehen Sie den Sparkurs, den die Formel 1 eingeschlagen hat?
Heidfeld: „Ich halte das für sehr wichtig, und einige Ansätze tragen ja auch
schon Früchte. Zum Beispiel, dass wir jetzt nur noch acht Motoren pro Fahrer für
die ganze Saison haben oder eben ab Mitte März nicht mehr testen. Es ist das
erste Mal, dass sich die engagierten Teams über so große Maßnahmen einig sind.
Das ist in der momentanen wirtschaftlichen Lage sehr zu begrüßen.“
- Auch, wenn es an Ihren Geldbeutel geht?
Heidfeld: „Niemand freut sich über Gehaltskürzungen. Der Fahrer ist ganz offensichtlich
ein entscheidender Faktor im Team. Bei BMW macht man über jeden Budgetposten
eine nüchterne Kosten-Nutzen-Rechnung auf und hat noch nie Phantasiegehälter
bezahlt. Wie in der Vergangenheit auch, muss man sich einfach einig sein.“
Quelle: BMW Presse-Mitteilung vom 06.03.2009
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