Kategorie: Formel1 01.04.2008
Interview mit BMW Motorsport Direktor Mario Theissen
„Das Wagnis eines großen Konzeptsprungs hat sich ausgezahlt”
„Das Wagnis eines großen Konzeptsprungs hat sich ausgezahlt“
- Wie fällt Ihr Fazit nach den beiden ersten Saisonrennen aus?
BMW Motorsport Direktor Mario Theissen: „Wir sind natürlich überaus zufrieden
mit diesem Saisonstart. Zwei zweite Plätze von Nick und Robert in Melbourne und
Sepang, Robert in Startreihe eins in Australien, Nick mit der schnellsten
Rennrunde in Malaysia, dazu elf Punkte in einem Rennen und 19 Zähler in der WM –
das ist eine glänzende Ausbeute und eine starke Basis für die kommenden Rennen.
Das zeigt, dass wir uns seit dem Roll-out Mitte Januar kontinuierlich nach vorn
bewegt haben. Doch mich haben nicht nur die guten Platzierungen gefreut, sondern
vor allem die Performance und das Tempo, das wir in beiden Rennen gehen
konnten.“
- Bei den ersten Testfahrten hat der BMW Sauber F1.08 die Erwartungen nicht
erfüllt. Wie sind die verantwortlichen Techniker damit umgegangen?
Theissen: „Es war die erste große Bewährungsprobe für unser immer noch junges
Team. Wir haben uns seit der ersten Ausfahrt in Valencia am Tag nach der
Autovorstellung in keiner Phase beirren lassen, sondern sind den Weg konsequent
weiter gegangen. Messdaten und Fahreraussagen wurden abgeglichen, Ursachen
analysiert und ein ganzes Maßnahmenpaket verabschiedet. Mit Erfolg. Wir haben in
den Wochen seit der Präsentation des F1.08 nicht nur das Auto schnell gemacht,
sondern auch eine ganze Menge dabei gelernt. Im Rückblick waren es sehr
fruchtbare und motivierende Wochen. Kompliment an Willy Rampf und das ganze
Team, das auch unter Hochdruck nie das Ziel aus den Augen verloren hat.“
- Sie haben von einem Maßnahmenkatalog gesprochen. Was genau hat sich seither am
Auto verändert?
Theissen: „Bei den ersten Testfahrten haben wir sehr bald festgestellt, dass der
F1.08 ein deutlich komplexeres Auto ist als sein Vorgänger. Es war keineswegs
so, dass eine einzelne Komponente am neuen Auto nicht funktioniert hätte.
Ausschlaggebend war, dass bei den ersten Testfahrten einzelne Elemente nicht
perfekt aufeinander abgestimmt waren. Das haben wir Schritt für Schritt behoben.
Es ging um die Feinabstimmung des Gesamtpakets, das wir durch dutzende kleine
Veränderungen verbessern konnten. Im aerodynamischen Bereich haben wir die
Interaktion von Frontflügel, Deflektoren und Unterboden optimiert, und im
mechanischen Bereich haben wir beispielsweise die Vorderradaufhängung leicht
modifiziert. Das sind alles Änderungen, die man nicht sieht, die aber in ihrer
Summe zu einer signifikanten Verbesserung der Performance führten. Und natürlich
haben wir mit jedem Test neue Daten gesammelt, die es uns heute erlauben, bei
unterschiedlichen Bedingungen die richtige Abstimmung zu finden.“
- Werden Sie Ihr Saisonziel nun nach oben korrigieren?
Theissen: „Dazu besteht kein Anlass. Unser Ziel ist es, die Lücke zur Spitze zu
schließen und unseren ersten Sieg einzufahren. Das ist sehr ambitioniert und
bleibt unsere Vorgabe. In den beiden ersten Rennen ist es uns gelungen, aus dem
Zweikampf einen Mehrkampf zu machen. Wir waren jeweils schneller als eines der
beiden Top-Teams. Doch man sollte keine verfrühten Schlüsse ziehen. Noch sind
wir nicht auf Augenhöhe mit Ferrari und McLaren-Mercedes. Aber die jüngsten
Resultate sind der richtige Motivationsschub für alle. Die Mitarbeiter sehen:
Wir können das schaffen.“
- Wie viel Potenzial hat der BMW Sauber F1.08 noch?
Theissen: „Wir haben noch einige Pfeile im Köcher. Noch ist nicht alles
ausgeschöpft. Der nächste größere Schritt ist für den Europa-Auftakt in
Barcelona geplant. Für uns ist klar: Das Wagnis eines großen Konzeptsprungs über
den Winter hat sich ausgezahlt. Jetzt liegt es an uns, den Weg, den wir
eingeschlagen haben, konsequent weiter zu gehen.“
- Wie beurteilen Sie die Leistungen Ihrer beiden Fahrer?
Theissen: „Beide haben bisher das umgesetzt, was wir von ihnen erwarten. Nicht
nur in den beiden Rennen, sondern auch zuvor in der wichtigen Testarbeit im
Winter. Beide haben sich gezielt auf die neue Saison vorbereitet. Beide haben
das Zeug, für unser Team den ersten Sieg einzufahren. Sie wissen auch, dass dazu
mehr gehört, als nur ein paar schnelle Runden. Die Fahrer gehören zu den
Führungspersonen im Team, mit großem Einfluss auf Teamspirit und die
Weiterentwicklung des Fahrzeugs. Dieses Verständnis setzen beide um, und mit dem
Ergebnis bin ich soweit sehr zufrieden.“
- Welche Erfahrungen haben Sie in den beiden ersten Saisonrennen mit der
Standardelektronik gemacht?
Theissen: „Es gab noch den ein oder anderen Schluckauf. Das war aber auf die
noch nicht perfekte Applikation zurück zu führen, nicht auf die Basis-Software.
Fehlfunktionen, die Ausfall- oder Fahrsicherheitskritisch wären, sind nicht
aufgetreten.“
Quelle: BMW Presse-Mitteilung vom 27.03.2008 Das könnte
Sie auch interessieren:
Gespräch mit den
Fahrern des BMW Sauber F1 Teams. (News vom
28.02.2008)
BMW Sauber F1 Team - 2008 mit hohem Ziel. (News vom
14.01.2008)
Bitte empfehlen Sie diesen Artikel weiter:
|