21.01.2007
Gastkommentar: Gabriels fixe Idee - Festlegung von Verbrauchsobergrenzen
So einfach ist das: Da laust Deutschlands Umweltminister der Affe, als ihm
gesteckt wird, dass es den europäischen Automobilherstellern offensichtlich
nicht gelingen werde, die vor zehn Jahren abgegebene Selbstverpflichtung
termingerecht zu erfüllen. 2008 nämlich. Der europäische Herstellerverband ACEA
hat wiederholt erklärt, dass es Anliegen bleibt, den CO2-Ausstoß der
Neuwagenflotte auf durchschnittlich 140 Gramm pro Kilometer zu begrenzen.
Es ist viel passiert. Das Wichtige zuerst: Der Kraftstoffverbrauch neuer
Pkws sank deutlich trotz der Tendenz zu mehr Motorleistung, die von zunehmenden
Ausstattungsumfängen, auch als Folge vorbeugender Sicherheitsmaßnahmen,
ausgelöst wurde. Allein in den Neunzigerjahren sei der durchschnittliche
Kraftstoffverbrauch bei Pkws von 8,0 auf 6,8 Liter je 100 Kilometer gesunken,
räumt sogar der Naturschutzbund (NABU) ein, dem sicher nicht vorgeworfen werden
kann, zur deutschen Autolobby zu zählen.
Nach aktuellen VDA-Angaben kamen 2006 mehr als 250 Pkw-Modelle deutscher
Hersteller mit weniger als 6,5 Liter Kraftstoff aus, knapp 50 Modelle
verbrauchten sogar weniger als fünf Liter pro 100 Kilometer. Motorische
Maßnahmen allein schaffen die verfolgte weitere CO2-Reduzierung nicht. Zur ihr
muss der Einsatz alternativer Kraftstoffe ebenso beitragen wie ein optimiertes
Verkehrsmanagement, das für grüne Wellen sorgt und Staus vermeiden hilft.
Zur Wahrheit gehört aber eben das: Diverse Auflagen, denen
Automobilhersteller Rechnung zu tragen haben, beeinflussen nebenher auch den
Kraftstoffverbrauch. Negativ! Darauf hat der VDA mehrfach aufmerksam gemacht.
Neue gesetzliche Auflagen jüngst etwa die Ausrüstung von Dieselmotoren mit
Rußpartikelfiltern oder auch konstruktive Maßnahmen für besseren Fußgängerschutz
kosten nicht zuletzt zusätzlich Kraftstoff. Selbst ganztägiges Fahren mit Licht
in Deutschland bislang nur empfohlen ist ebenfalls nicht zum Nulltarif zu haben.
Dass sich auf diese oder jene Weise öfter soeben erst mühsam gewonnenes
Sparpotenzial verflüchtigt, wird von umweltpolitisch aufmunitionierten
Sonntagsrednern ignoriert. Wenn sie die Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs
heutiger Pkws anmahnen, scheint nach ihrem Verständnis die Zauberformel "Wünsch
dir was!" das erwartete Wunder zu vollbringen.
Umweltminister Gabriel, ein Mann von robuster Natur, geht anders ran. Er
setzt auf die Brechstange. Die vermeintliche Gunst der Stunde nutzend, die
deutsche EU-Ratspräsidentschaft, will er verbindliche Verbrauchsobergrenzen für
Pkws zwangsweise durchsetzen. Offensichtlich schweben ihm Grenzwerte vor, die
sich am angestrebten durchschnittlichen CO2-Ausstoß ganzer Fahrzeugflotten 140
g/km orientieren: 5,1 Liter für Pkws mit Dieselmotor, 5,8 Liter für "Benziner".
Wer mehr verbraucht, fliegt?
Bislang ist nicht an die Öffentlichkeit gedrungen, dass Gabriel als
begleitende Amtshandlung seines Vorstoßes alle Dienstwagen seines Ministeriums
stilllegen ließ, um damit gleichzeitig ein Zeichen für die rasche Auflösung des
gesamten Fuhrparks der Bundesregierung zu setzen. Berliner Koalitionäre, seid
auf der Hut! Alles deutet darauf hin, dass Kabinettskollege Gabriel
gewissermaßen als politischer "Erzengel der Erkenntnis" per EU-Beschluss jene
Luxusliner namens Audi A8, 7er BMW und Mercedes-S-Klasse auszumustern gedenkt,
die sich bekanntlich in Regierungskreisen nicht allein in deutschen
außerordentlicher Beliebtheit erfreuen.
Was hat dieser Mann bloß für Berater! Hat er überhaupt welche? Braucht er
sie? Eine Vorlage für Gabriels fixe Idee lieferte schließlich bereits sein
Amtsvorgänger Jürgen Trittin, als der 2005 verbindliche Obergrenzen für den
Kraftstoffverbrauch forderte, um den Verzicht auf den Bau größerer,
leistungsstärkerer Pkws quasi per Verordnung zu erzwingen. Solch einfältiger
Vorstellung trat schon damals der VDA entgegen. Würde die Preisgabe des
Premiumsegments doch zwangsläufig bedeuten, dass sich deutsche Marken
ausgerechnet aus jenem erfolgreichen Exportgeschäft verabschieden müssten, das
sich wie die Automobilbranche unseres Landes überhaupt seit Jahr und Tag als
eine der wichtigsten tragenden Säulen der deutschen Wirtschaft erweist.
Darüber gibt es doch keinerlei Zweifel: Räumten deutsche Marken das Feld,
würden sie den Bau faszinierender automobiler Premiumprodukte aufgeben,
übernähmen die Geschäfte liebend gern andere Hersteller. Der wundersame Gang
mancher Dinge lässt sich auch in anderen "Erlebnisbereichen" verfolgen.
Beispiel: Deutschland schaltet seine Atomkraftwerke ab, in der Nachbarschaft
baut man entschlossen neue. Den Strom werden wir eines Tages von dort
importieren. Den Bezugspreis bestimmen andere. Marktwirtschaft und globaler
Wettbewerb orientieren sich nicht an ideologisch geprägten Wunschbildern.
Dass die vom deutschen Umweltminister angedachten Maßregelungen zuerst
deutsche Automarken träfen, passt ins Bild merkwürdiger Vorgänge, die sich in
der Bundesrepublik zunehmend beobachten lassen. Die bereitwillige Preisgabe
nationaler Identität scheint das politische Tagesgeschäft abzurunden. Nur weiter
so! Am Ende lässt sich vielleicht sogar unser aller Selbstauflösung hinkriegen.
(Entnommen aus der aktuellen Ausgabe des Branchen-Informationsdienstes
Ps-Automobilreport)
Quelle: ar, von Wolfram Riedel
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