22.10.2006
Gastkommentar: Fahrverbote - „Dreimal falsch!”
Gastkommentar zum Thema Feinstaub
Eigentlich kann es nicht anders sein. Offensichtlich werden wir von denen,
die uns regieren, für duldsame langmütige Lämmer gehalten, die sich buchstäblich
alles gefallen lassen. Wie sonst könnten ideologisch ummantelte Vorhaben auf dem
Verordnungsweg stur durchgeboxt werden, obwohl sich beschlossene Maßnahmen
mittlerweile als widersinnig erwiesen haben, mitunter geradezu albern wirken
müssen. Vorgesehene Fahrverbote sind ein solcher Fall. Bereits erlassene erst
recht.
Es ist zum Haare Raufen! Eine offensichtlich notorische Veranlagung deutscher
Politiker zu persönlichem Geltungstrieb und hündischer Unterwerfung unter
Brüsseler Bürokraten-Beschlüsse bringen es immer wieder fertig, den Wähler zu
drangsalieren und ihm auf die eine oder andere Tour Geld aus der Tasche zu
ziehen. Es könnte durchaus sein, dass willige Vollstrecker all dessen, was
Brüssel ausbrütet, in solcher Hörigkeit auch noch ehrenhafte EU-Disziplin sehen,
an der sich andere Länder eine Scheibe abschneiden sollten!
Vor allem so manche Kapriole des bundesdeutschen Umwelttheaters kann auf die
Palme bringen. Die Feinstaubhysterie - von Brüsseler Beschlüssen ins Land
getragen - ist ein Musterbeispiel dafür, wie selbst Verordnungen, die sich bei
näherem Hinsehen als Luftnummern erweisen, weiterhin mit Druck durchgesetzt
werden, wenn sie ins ideologische Grundkonzept passen. Einmal mehr deutlich
macht das eine kritische Betrachtung zum "Feinstaub in der deutschen Politik",
die Klaus Landfried, Professor für Politikwissenschaft und von 1997 bis 2003
Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, jetzt in einem Pressebeitrag
anstellte. Veröffentlicht wurde er in der "Welt" Anfang Oktober unter der
Überschrift "Nur die Bürokratie profitiert".
Landfried listet Punkt für Punkt auf, wie es zu Feinstaubkonzentrationen in
der Luft kommt. Zitat: "Ein großer Teil der Feinstäube, mancherorts der größte
Teil, speist sich aus natürlichen Quellen: Vulkanismus, Seesalz- Emissionen,
Bodenerosion sowie Schuppen, Pollen, Algen und Pilzsporen." Diese Feststellung
deckt sich mit der Annahme des für Umweltschutz zuständigen schweizerischen
Bundesamtes, dass je ein Drittel der Feinstaubbelastung der Luft aus natürliche
Quellen, vom Bereich Gewerbe/Industrie und vom Verkehr in seiner Gesamtheit (!)
stamme.
Auf den Feinstaub, der aus dem Auspuff von Lkw und Pkw kommt, entfiele
weniger als die Hälfte jenes Drittels, das der gesamten Quelle Verkehr
zugeordnet werde. "Allenfalls also etwa 14 bis 16 Prozent", hält Landfried fest.
Selbst Exbundesumweltminister Trittin habe eingeräumt, dass sich die größere
Hälfte aufteile in "Abrieb und Aufwirbelung" von Bremsen und Reifenpartikeln
großer wie kleiner Automobile und in die Aufwirbelungen durch Schienenfahrzeuge.
Wie absurd es ist, in erster Linie das Auto, insbesondere den Pkw, als
Feinstaub"kanone" zu ächten und dessen Besitzer mit Fahrverboten zu gängeln,
lässt auch eine weitere Feststellung Landfrieds erkennen.
Dieselrusspartikel aus Pkw-Abgasen seien am Feinstaub in deutschen
Großstädten mit ganzen drei bis neun Prozent beteiligt. Demzufolge sei auch die
erhoffte Wirkung von Dieselpartikelfiltern (DPF) entsprechend gering. Abgesehen
davon gebe es Filter und "Filter". Partikelfilter und PM-Katalysatoren hätten
systembedingte Stärken und Schwächen.
Landfrieds Schlussfolgerung, angesichts der Fakten: "Innerstädtische
Fahrverbote für Pkws ohne DPF sind dreifach falsch." Weil sich die "von draußen"
hereinwehenden Feinstäube davon nicht beeindrucken ließen, der Anteil von
Partikeln aus Fahrzeugabgasen nicht groß sei und - drittens - "andere Formen der
wirksamen Reduktion von Kleinstpartikeln durch PM-Kats und vor allem durch
Harnstoff - SRC-Kats bisher von unseren Vorschriften-Erfindern einfach
ignoriert" würden. "Sachlich nicht zu erklären" sei, dass sogar Benzinfahrzeuge
mit geregeltem Kat (Euro 1) gleich mit ausgesperrt werden sollten.
Dieselpartikelfilter, schlussfolgert Landfried, machten unsere Luft "minimal
vielleicht" gesünder, aber sogleich verweist er darauf, dass bei den
Regenerationszyklen der zurzeit üblichen Keramik-DPF erhebliche Mengen
polyzyklischer aromatischer Wasserstoffe (PAHs) frei würden, darunter giftige
Benzpyrene. "Bei Verbrennung der PAHs können Dioxine und Furane entstehen."
Nichts Gesundes also, solange nicht weniger riskante Werkstoffe aus Metall
Verwendung fänden, die jenen Nachteil vermieden, allerdings geringfügig teurer
seien. Kaum jemand mache auf "eine Errungenschaft früher Umweltmaßnahmen" als
gefährliche Feinstaubquelle aufmerksam: die zerbröselnden Fasermatten alternder
Keramikkatalysatoren, "die zu Millionen in unseren Pkws herumstauben".
Metallgestricke, die pro Auto nur wenige Euro kosteten, könnten nach Ansicht
Landfrieds "für unsere Gesundheit mehr bewirken als jene unnötigen, die Bürger
sinnlos schröpfenden Fahrverbote und die Feinstaub-Bürokratie".
Sie sei "das Werk einer dilettantischen Politik". Zu dieser Schlussbemerkung
passt, dass nach dem deutschen EU-Kommissar Günther Verheugen nun auch die
Vorsitzende der FDP im Europaparlament, Silvana Koch-Mehrin, die Macht des
EU-Beamtenapparates kritisiert. "Bürokratischem Unsinn" seien Tür und Tor
geöffnet. Der Einfluss der Beamten in Brüssel und Straßburg führe dazu, dass
"enorm viel Geld auf europäischer Ebene verschwendet wird, weil die Folgekosten
von Entscheidungen nicht geprüft werden". Von EU-Beamten vorbereitete
Richtlinien würden einfach umgesetzt, es gebe keinerlei demokratische
Kontrollen. Koch-Mehrin fordert mehr Kompetenzen des Europaparlaments bei der
Gesetzgebung.
Dass schon ausreichen könnte, in der selbstgefälligen Brüsseler
Bürokraten-Runde einmal kräftig mit der Faust auf den Tisch zu hauen, ist
allerdings eher unwahrscheinlich.
(Entnommen aus der aktuellen Ausgabe des Branchen-Informationsdienstes
PS-Automobilreport)
Quelle: Wolfram Riedel/ar
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