28.12.2006
Kommentar zur aktuellen Tempolimit-Diskussion
Von Peter Schwerdtmann. In nachrichtenarmen Zeiten wie diesen ist der Weg in
die Tagesschau kurz, besonders dann, wenn auch noch der Popanz Auto geprügelt
werden kann - sagte sich offenbar die "Berliner Zeitung" und kreierte gestern
die Schlagzeile "Tempolimit für besseres Klima". Dabei zitiert der Autor den
Präsidenten des Umweltbundesamtes, Andreas Troge, mit der Aussage: "Bei einer
Höchstgeschwindigkeit von 120 Kilometern pro Stunde lässt sich der
Kohlendioxid-Ausstoß um zehn bis 30 Prozent reduzieren."
auf deutschen Autobahnen kann schon heute nicht mehr überall frei gefahren
werden
In dem zitierten Interview kommt Troge nach den Themen Abbau
umweltschädlicher Subventionen, Eigenheimzulage, Pendlerpauschale, Grund- und
Erwerbssteuer, den Gefahren von Teppichen, Möbeln, Tapeten, Farben, Lacken sowie
Lösungsmitteln, Weichmachern und Flammschutzmitteln sowie nach einem Umweg über
das Rauchverbot und die Selbstverpflichtung der europäischen Automobilindustrie
zur Reduzierung von Kohlendioxid bis zur Notwendigkeit für die EU und
Deutschland, die gemeinsamen Klimaschutzziele zu erreichen am Ende zu der
bereits zitierten Antwort auf die ausdrücklich gestellte Nachfrage: "Würde auch
ein Tempolimit auf Autobahnen helfen?"
Was soll ein Präsident eines Umweltbundesamtes da antworten? Andreas Troge
antwortete sinngemäß mit einem "Ja, auch" und ahnte sicher nicht, dass aus dem
Zitat eine Schlagzeile werden könnte, zumal das sachlich fehlinterpretierbar ist
und auch prompt falsch interpretiert wird. Zehn bis 30 Prozent Reduktion beim
Kohlendioxid könnten sich für den Autobahnverkehr ergeben, nicht etwa für den
Gesamtverkehr, wie es die Formulierung der Zeitung nahe legt. Auf der Autobahn
wird rund ein Fünftel des Verkehrs abgewickelt und das bei ständig sinkenden
Durchschnittsgeschwindigkeit, die heute bereits unter 130 km/h liegt. Die
Unfallgeschwindigkeit auf Autobahnen liegt übrigens deutlich unter 120 km/h.
Demnach gehört das Absenken der Geschwindigkeiten auf Autobahnen genau dort
hin, wo der Präsident des Umweltbundesamtes diese Maßnahme eingeordnet hat: an
das Ende der Kette. Dennoch muss man sich nicht wundern, wenn in diesen Tages
des Nachrichtenmangels die üblichen Verdächtigen bei den Politikern und
Umweltschutzgruppen in dasselbe Horn stoßen und Nachrichtenredakteure mit ihrer
Urangst vor dem leeren Blatt Papier und dem schwarzen Bildschirm dankbar nach
diesem Strohhalm greifen. Der Verlag der Berliner Zeitung darf sich angesichts
des Echos dieser Weihnachts-Ente über Aufmerksamkeit freuen. Die anderen Medien
können ebenfalls frohlocken. Sind sie doch nicht verantwortlich für diese
zwischen den Tagen so sehnlichst erwartete "Nachricht". Ob die Auto fahrenden
Leser, Zuschauer und Zuhörer sich auch darüber freuen, dass schon vor den tollen
Tagen "olle Kamelle" unters Volk geworfen werden?
Baustellen und Berufsverkehr verhindern schon
heute schnelles Fahren auf Autobahnen
VDA: Tempolimit eine Idee von Vorgestern
Mit moderner Fahrzeugtechnik, Straßeninfrastruktur und Fahrerschulung kann
bei Kraftstoffverbrauch und Sicherheit weitaus mehr erreicht werden als mit
jeder weiteren staatlichen Reglementierung. Mit dieser Feststellung kommentierte
heute der Verband der Automobilindustrie (VDA) die Meldungen, der Präsident des
Umweltbundesamtes Andreas Troge fordere ein Tempolimit auf Autobahnen so der
VDA. Die Berliner Zeitung hatte in ihrer heutigen Ausgabe ein Interview mit dem
UBA-Präsidenten mit der Schlagzeile "Tempolimit für besseres Klima" stark
verkürzt wiedergegeben und damit großes Echo bei den Medien gefunden.
Der VDA hält der Idee eines Tempolimits entgegen, man könne Herausforderungen
von heute und morgen löst man nicht mit Ideen von gestern und vorgestern
bewältigen. Zonen ohne Geschwindigkeitsbegrenzungen gebe es in Deutschland heute
ohnehin nur noch in sehr begrenztem Maß. Bereits die Hälfte der Autobahnen sei
permanent oder vorübergehend tempobegrenzt.
Studien belegen, dass ein Tempolimit kaum Potenzial zur Senkung des
Gesamtkraftstoffverbrauchs habe. Die Automobilindustrie habe ihre Hausaufgaben
hingegen längst gemacht und den durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch ihrer
Neufahrzeuge in den letzten Jahren um 25 Prozent gesenkt, betont der VDA. Mit
modernster Motorentechnologie hat sie -laut VDA - in allen Fahrzeugsegmenten
hohe Effizienzsteigerungen erreicht. Dadurch wurden allein im Straßenverkehr
seit 1999 rund 15 Mio Tonnen (Kohlendioxid) CO2 eingespart.
Übliches Bild auf deutschen Autobahnen: lange
Verkehrskolonnen
Der VDA: "Ohne die Erfolge im Verkehrssektor wäre Deutschland nicht in der
Lage, seinen Kyoto-Verpflichtungen nachzukommen und würde in Europa nicht diese
führende Position einnehmen."
Es könne noch mehr Kraftstoff eingespart werden, wenn der Rückstand beim
Ausbau der Straßeninfrastruktur endlich beseitigt werde, betont der VDA. Staus
führen zu einem Kraftstoffmehrverbrauch von rund 12 Mrd Liter im Jahr.
Quelle: ar, 29.12.2006
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Tempolimit auf deutschen Autobahnen
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