Kategorie: Wirtschaft Werk Vorstand 13.05.2005
Eröffnung BMW Werk Leipzig: Rede von Dr. Reithofer
Pressekonferenz Leipzig, 13. Mai 2005
- Es gilt das gesprochene Wort -
Meine Damen und Herren,
wenn wir heute das neue Werk Leipzig eröffnen, sei ein Blick zurück erlaubt:
Wir waren angetreten, eines der modernsten Automobilwerke der Welt in Leipzig zu
errichten. Vor wenigen Wochen, am Morgen des 1. März 2005, ist hier der erste
BMW 3er vom Band gerollt, der an einen Kunden aus Leipzig übergeben wurde. Für
uns war das ein historischer Moment.
Ich freue mich über Ihr Interesse an der Eröffnung des Werks Leipzig und
möchte mich in meinen Ausführungen auf zwei Punkte konzentrieren:
• Welche neuen Strukturen und Prozesse dieses neue
BMW Werk auszeichnen,
und
• wie es in unser internationales Partner- und
Produktionsnetzwerk eingebettet ist.
Die BMW Group ist für Premium-Qualität und Agilität bekannt. Ein neues Werk
zu planen, ist immer auch eine Chance, bestehende Produktionssysteme weiter zu
verbessern.
Herr Dr. Panke hat die Zahl gerade genannt: 1,3 Milliarden Euro sind
investiert worden. Weit mehr "Kapital" steckt aber in Form von Know-how aus dem
gesamten Produktionsnetzwerk hier in Leipzig!
Foto: Dr. Norbert Reithofer Mitglied des
Vorstands der BMW AG
Wir haben diesen Neubau genutzt, um Erfahrungen aus den übrigen Werken in
Leipzig zusammenzuführen und natürlich neue Wege zu gehen.
Unser Ziel war es, langfristig flexible Strukturen bereitzustellen, um auch
künftige Fertigungstechnologien umsetzen zu können. Das Werk sollte flexibel auf
Anforderungen des Marktes in punkto Stückzahlen und zusätzliche Produkte
reagieren können. Wir haben in diesem neuen Werk eine Reihe von Strukturen und
Prozessen neu aufgesetzt, die sich dazu eignen, dass wir sie in Zukunft in die
übrigen Werke transferieren.
Ich möchte dazu einige Beispiele nennen, auf die wir besonders stolz sind.
Das eine oder andere werden Sie vorhin beim Werksrundgang selbst entdeckt haben.
Das erste Beispiel schwebt im Zentralgebäude über Ihren Köpfen. Hier bringt
ein Fördersystem die fertigen Karosserien vollautomatisch in ein Hochregallager.
Aus diesem Speicher werden sie von der Lackiererei abgerufen. Fast alle
Pressteile für die Karosserien beziehen wir übrigens von den Partnern im
Produktionsnetzwerk in München, Dingolfing und Regensburg. Dadurch, dass die
Karossen durch das Verwaltungsgebäude schweben, ist der direkte Bezug zum
Produkt für jeden Mitarbeiter gegeben.
Das zweite Beispiel finden Sie in der Lackiererei. Dort setzen wir natürlich
unsere moderne und besonders umweltschonende Pulverklarlack-Technologie ein.
Damit werden wir unserem Grundsatz der "Clean Production" gerecht.
Die Montage, das ist mein Beispiel drei, zeichnet sich durch einen einmaligen
Grundriss aus, dem eine Fingerstruktur zugrunde liegt. Viele Mitarbeiter aus
anderen Werken haben mit ihrer Erfahrung beigetragen, dass wir unser System
optimieren konnten. Dazu ist die Montage mit einem weitgehend variantenneutralen
Hauptband ausgelegt worden. Investitionsintensive Anlagen, wie beispielsweise
automatisierte Stationen, stehen in der Hauptlinie an so genannten Fixpunkten.
Von diesen Fixpunkten zweigt die Montagelinie in einzelne Finger ab. Wenn die
Montagelinie nun verlängert werden muss, z. B. wegen zusätzlichen
Arbeitsinhalten oder Kapazitätsbedarf, wird ein Finger verlängert ohne die
Fixpunkte zeit- und kostenaufwändig verändern zu müssen. Ein Gruppenleiter aus
unserer Montagetechnologie hat diese Fingerstruktur erfunden, die inzwischen
patentiert und weltweit ohnegleichen ist.
Beispiel Nummer vier: Das neue Versorgungszentrum setzt Maßstäbe für die
Logistik von Automobilwerken. Die Montage muss zeitgerecht mit Teilen versorgt
werden. Um Bauteile und Komponenten zur rechten Zeit und in der exakt benötigten
Reihenfolge der individuellen Fahrzeugausstattungen ans Band zu bringen, haben
wir einige Lieferanten direkt auf dem Werksgelände angesiedelt. Sie produzieren
einzelne Module im Versorgungszentrum entsprechend der Auftragsreihenfolge und
liefern diese Module sequenzgenau zur Montage an das Hauptband. Beispiele für
solche Module sind das Cockpit- oder das Sitz-Modul.
Diese Komponenten sind vollautomatisch über eine Elektrohängebahn direkt zur
Montage unterwegs. Wenn die geplanten Stückzahlen erreicht sind, werden wir am
Tag rund 7.000 Kubikmeter an Modulen zur Montage bringen, das sind immerhin 70
Prozent unseres Anliefervolumens. Es fallen deutlich weniger Lkw-Fahrten an,
weil die Einzelteile natürlich auch weniger Platz benötigen als voluminöse
Module. Das spart Kosten und schont die Umwelt - und vor allem: Das
Versorgungszentrum auf dem Werksgelände führt zu einer wesentlich höheren
Versorgungssicherheit. Kurze Transportwege zum Band minimieren das Ausfallrisiko
und verkürzen die Qualitätsregelkreise.
Und das letzte Beispiel für neue Strukturen und Prozesse in Leipzig: Qualität
steht hier auch optisch im Mittelpunkt. Wir wollen, dass das Thema Qualität
jedem Mitarbeiter auch im Werk Leipzig stets im Bewusstsein bleibt. Die BMW
Group steht für Premium Automobile. Deshalb können unsere Kunden erwarten, dass
sowohl die Auslieferqualität als auch die Zuverlässigkeit unserer Produkte
premiumgerecht sind. Um die Zufriedenheit unserer Kunden auf hohem Niveau zu
halten, ist Qualität in allen internen Zielvereinbarungen im Produktionsressort
festgeschrieben.
Bei der Werksführung heute morgen haben Sie im Zentralgebäude schon den
zentralen Messraum gesehen. Gleich gegenüber befindet sich die zentrale
Auditpräsentationsfläche. Hier läuft jeder Mitarbeiter vorbei. Für jeden im Werk
sichtbar, werden dort die Qualitätsthemen an auditierten Fahrzeugen gezeigt. Ein
schnelleres Instrument, um einen Fehler in der Serienproduktion zu vermeiden,
kann ich mir kaum vorstellen!
Meine Damen und Herren,
zum ersten Mal in der Geschichte der BMW Group haben wir mit dem BMW 3er ein
neues Produkt fast zeitgleich parallel in vier Werken anlaufen lassen. Unser
internationales Produktionsnetzwerk wächst mit der Inbetriebnahme von Leipzig
heute auf 22 Standorte in zwölf Ländern an.
Die Entscheidung für Leipzig basierte auf unserer Strategie "Produktion folgt
dem Markt". Wir errichten dort Produktionsstätten, wo ein entsprechender Markt
bedient werden kann. Die BMW Group bereitet sich intensiv auf die
EU-Osterweiterung vor. Unsere Vertriebsgesellschaften rechnen nach dem Beitritt
weiterer osteuropäischer Staaten in die Europäische Union mit höherem Absatz.
Leipzig ist dafür ideale Basis, ohne den Standort Deutschland zu verlassen. Ein
wichtiger Vorteil ist auch, dass wir damit keine Sprachbarrieren überwinden
mussten.
Mit besonderer Freude haben wir registriert, wie bereitwillig unsere neuen
Mitarbeiter in Sachsen von ihren bayerischen Kollegen gelernt haben. Rund 1.500
Mitarbeiter in Leipzig waren an anderen Werksstandorten im Einsatz, um sich für
die neue Aufgabe zu qualifizieren. Sie haben dabei oft lange Trennungen von
ihren Familien in Kauf genommen.
Erfahrungen untereinander auszutauschen, die jeweils beste Lösung an einem
Standort nach dem Prinzip von Best Practice auch an anderen Standorten zur
Verfügung zu stellen, verstehen wir unter Zusammenarbeit in einem
internationalen Produktionsnetzwerk. Und der Erfolg gibt uns recht. Gemeinsam
mit unseren Zulieferern arbeiten wir ständig an der Verbesserung unserer
Prozesse und Strukturen, um unsere Effizienz zu steigern. Durch aktiven Know-how
Transfer stärken wir den Produktionsstandort Deutschland! Dieses Werk wurde in
intensiver Kooperation mit Regensburg und München hochgefahren, wo der BMW 3er
gleichzeitig gefertigt wird.
Wir wollen die produzierten Stückzahlen in diesem Werk zügig auf bis zu 650
Einheiten pro Tag hochfahren. Und wir haben das Werk von vornherein so flexibel
und nachhaltig ausgelegt, dass wir hier fast alle heutigen und künftigen BMW
Modelle produzieren können.
Vielen Dank!
Quelle: BMW Pressemitteilung vom 13.05.05
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