Kategorie: Klassik BMW-Modellreihe: 100 101 102 24.02.2005
50 Jahre BMW Isetta
Knutschkugel, Bubble Car, Dach über dem Kopf: Isetta feiert am 05. März 2005 ihren 50. Geburtstag
München. Aufregung gab's genug 1955: Vladimr Nabokov brachte mit
"Lolita" eine besondere Interpretation des Generationenkonfliktes, James Dean
fuhr in den Tod und die letzten 9.626 Kriegsgefangenen kehrten aus der
Sowjetunion heim. Das Leben in Deutschland normalisierte sich, den Menschen ging
es langsam wirtschaftlich wieder besser. Und es drängte sie nach komfortablerer
individueller Mobilität: Mit einem Dach über dem Kopf bei Wind und Wetter durch
die junge Bundesrepublik oder sogar in den Urlaub fahren, davon träumte jeder.
Foto: BMW Isetta in München
Deshalb war all dies nichts gegen die persönliche Aufregung von 12.911
Autofahrern über ihren neuen BMW - den ersten für den kleinen Geldbeutel. Isetta
hieß das eiförmige Motocoupé, mit Platz für Zweieinhalb und munteren 12 PS im
Heck. Die - einzige - Tür ging nach vorne auf und die Hinterräder standen nicht
einmal halb soweit auseinander wie die vorne - kein BMW vorher oder nachher war
je so unverwechselbar. Fahrer und Passagier nahmen bequem Platz, zogen die Tür
vor sich zu - und mit ihr das Lenkrad plus Armaturen. Geschaltet wurde - überaus
sportlich - links mit einem kleinen Knüppelchen, so einen Sidestick hatte grade
mal ein Formelrennwagen.
44 DM Steuer - "weniger als ein Großstadt-Dackel"
Die Isetta kam an. BMW hatte recht gehabt mit der "Ideallösung des
Fahrproblems für alle, die ein wendiges, flinkes Fahrzeug bei geringen
Betriebskosten ohne Park- und Garagenschwierigkeiten benötigen." Neben ihren
technischen Qualitäten sprach für das Motocoupé auch der günstige Verkaufspreis:
2.550 D-Mark verlangte BMW. Ein deutscher Arbeitnehmer verdiente damals
wöchentlich im Durchschnitt 90 DM. Die obligatorische Haftpflichtversicherung
lag bei 95 DM, das Finanzamt verlangte für die Knutschkugel pro Jahr 44 DM
Steuer - "weniger als ein Großstadt-Dackel", wie die Werbung versicherte.
Die Isetta begleitete die deutschen Autofahrer bis in die 60er Jahre hinein,
half mit die erste Reisewelle aufzutürmen. Tempo 85 genügte, am liebsten über
die Alpen Richtung bella Italia. Dort stammte sie schließlich auch her, ein BMW
Händler hatte sie 1954 auf dem Genfer Salon entdeckt und ihr Potenzial erkannt.
BMW erwarb die Isetta-Lizenz von der italienischen Firma Iso, verpasste der
"Knutschkugel" einen neuen Antrieb aus einem BMW Einzylinder-Motorrad, legte ihr
italienisches Gewand in andere Falten und brachte das Motocoupé rund ein Jahr
später auf den Markt.
Geschenk vom King? Elvis und die Isetta
Das Ausland ließ sich anstecken. Isetten von BMW gingen in alle Herren
Länder, sogar nach Übersee "mit Schutz vor Befall von Schimmelpilzen und
Termitenfraß" und in die USA. Elvis ließ sich mit einer fotografieren, angeblich
schenkte er sie seinem Manager. Für sich selber wählte er übrigens einen BMW 507
Sportwagen. Berührungsängste gab es nicht, Stars und Prominente ließen sich gern
mit dem kleinsten aller BMW Automobile fotografieren, der deutsche
Nachkriegsfilm wäre ohne die Isetta um ein Augenschmaus ärmer gewesen.
Nach dem Überraschungserfolg 1955 ließen sich die Verkaufszahlen auch von
Unkenrufen nicht bremsen. 1956 baute BMW die Palette aus, stellte neben die
Isetta mit 250 Kubikzentimeter-Motor eine kräftigere Version mit 300 cm² Hubraum
und 13 PS. Beide Varianten gab es auch in der nobleren Export-Version mit
seitlichen Klappfenstern und besserem Fahrwerk. Auf Wunsch bot BMW darüber
hinaus auch noch mehrere Sonderausrüstungen an: Rechts- statt Linkslenkung, ein
Cabrioverdeck oder eine abnehmbare Pritsche für immerhin 200 Kilogramm Nutzlast,
einschließlich verstärkter Federung.
Ende einer Ära: 1962 rollt die letzte Isetta vom Band
Neben dem Glas Goggomobil wird die "Knutschkugel" zum erfolgreichsten
Fahrzeug dieser Art in Deutschland. Im Spitzenjahr 1957 verkauft BMW fast 40.000
Isetten, dann verlangt der Markt immer mehr nach Klein- statt Kleinstwagen,
möglichst mit vier Sitzplätzen und der Statur eines "richtigen" Autos. Dem kommt
BMW mit dem 600, einer verlängerten Isetta mit Zweizylinder-Boxermotor im Heck,
entgegen. Schon 1959 wird der rundliche Viersitzer aber von einer deutlich
moderneren Konstruktion abgelöst, deren Ponton-Karosserie erstmals in
selbsttragender Bauweise entsteht: Der BMW 700. Die Isetta wird derweil aber
noch immer weitergebaut, erfreut sich vor allem auch auf den Auslandsmärkten
noch großer Wertschätzung. 1962 ist's dann genug: Die Produktion der Isetta
läuft aus, 161.728 Exemplare des Motocoupés waren gebaut worden.
Quelle: BMW Presse-Mitteilung vom 24.02.05
Link-Tipp:
Mehr Infos zur Isetta auf der Homepage des Isetta-Clubs
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