BMW Motorsport Saisonrückblick 2003. Interview mit BMW Motorsport Direktor
Mario Theissen.
BMW Motorsport Direktor Mario Theissen:
„Die Weichen für 2004 sind gestellt – wir wollen gewinnen“.
BMW Motorsportchef Dr. Mario Theissen im Interview
Wie fällt Ihr Saisonfazit für BMW Motorsport aus?
Mario Theissen: Positiv. In der Formel 1 haben wir unsere bisher stärkste
Leistung gezeigt und bis zum Ende um die Weltmeisterschaft gekämpft.
Wir haben vier Siege, darunter zwei Doppelsiege, und mehr als anderthalb
Mal so viele WM-Punkte wie im Vorjahr erzielt. In der
Tourenwagen-Europameisterschaft haben wir den Markentitel gewonnen und bis zur
letzten Runde um die Fahrer-EM gekämpft, die wir letztlich mit einem einzigen
Punkt Rückstand verpasst haben. In der Formel BMW haben die Youngster in
Deutschland und in Asien erstklassigen Sport geboten. Zudem ist es
uns gelungen, die Serie weiter zu internationalisieren: 2004 startet diese
Talentschmiede auch in England und in den USA. Außerdem haben Privatfahrer auf
BMW große Erfolge erzielt, allen voran Claudia Hürtgen in der Deutschen
Tourenwagen Challenge, die als erste Frau einen deutschen Tourenwagentitel
errang. Welche Gründe machen Sie dafür verantwortlich, dass es in der Formel 1 nicht
ganz zum Titelgewinn gereicht hat? Mario Theissen: Wer die WM gewinnen will, muss vom ersten Rennen an gut
aufgestellt sein. Das waren wir 2003 noch nicht. Unser Saisonstart war
zu schwach. Zur Saisonmitte waren wir phantastisch unterwegs, aber in den
letzten drei GP war die Fehlerquote bei uns zu hoch. Was waren für Sie die Saisonhöhepunkte? Mario Theissen: Bezogen auf Einzelergebnisse waren es zweifelsohne
die Formel-1-Siege. Nach Monte Carlo schaut die Welt – diesen Grand Prix zu
gewinnen, ist schon etwas ganz Besonderes. Die Doppelsiege auf dem Nürburgring
und in Magny-Cours waren traumhaft. Fast noch besser hat mir unsere Dominanz in
Hockenheim gefallen – ein Sieg mit mehr als einer Minute Vorsprung kommt in der
Formel 1 schließlich nicht alle Tage vor. Aber neben diesen Erfolgen gibt es
noch zwei andere Aspekte, die 2003 für mich zu einer so guten Saison machen:
Erstens, dass unser Motor nicht nur stark war,
sondern auch extrem zuverlässig. Nur ein Mal rollte er wegen eines Lecks im
Wasserkreislauf vor Rennende in die Box – ohne Kühlwasser läuft eben
auch der beste Motor nicht. Zweitens, dass WilliamsF1 mit einer verblüffenden
Steigerung während der Saison beeindruckende Größe gezeigt hat. Wie sieht das Programm von BMW Motorsport für 2004 aus? Mario Theissen: Wir wollen die Formel-1-Weltmeisterschaft gewinnen, das hat ganz
klar oberste Priorität, und die Weichen sind gestellt. Der BMW P84 Motor hat
bereits erste Tests erfolgreich bestanden, WilliamsF1 hat ein erneut innovatives
Chassis angekündigt, und die Vernetzung der Fabriken in München und in Grove
schreitet weiter voran. Unser nunmehr durchgängiges, gemeinsames
Projektmanagement wird 2004 weitere Früchte tragen.
Parallel wird sich BMW auch im kommenden Jahr mit Nationen-Teams in der
Tourenwagen-EM engagieren, weiter am internationalen Ausbau der
Formel BMW arbeiten und auch den Breitensport unvermindert unterstützen. Wie beurteilen Sie den Formel-1-Kalender 2004? Mario Theissen: Wir begrüßen die Erhöhung auf 18 Rennen, weil dabei vor allem
die Fans und Zuschauer auf ihre Kosten kommen. Außerdem möchten wir auch gerne
weiterhin in Montreal antreten. Nordamerika ist ein wichtiger Markt für BMW, der
Grand Prix in Montreal hat einen besonderen Charme und wurde logistisch gut in
den Kalender integriert, weil er mit dem Rennen in Indianapolis zu einer
Überseereise zusammengefasst werden kann. Mit großer Neugier und Vorfreude sehen
wir den neu aufgenommenen Austragungsorten, Shanghai und Bahrain, entgegen. In
China und im Nahen Osten technische Kompetenz demonstrieren zu können, ist für
uns als Automobilhersteller in höchstem Maße attraktiv. Sind Sie zufrieden mit dem für 2004 verabschiedeten Reglement? Mario Theissen: Im Großen und Ganzen schon, und ich rechne diesmal auch nicht
mit Überraschungen im Januar. Mit einem einzigen Motor das gesamte
Rennwochenende bestreiten zu müssen, ist natürlich eine große Herausforderung.
Auf Basis dieser Regelung, auf die wir uns schon frühzeitig vorbereitet haben,
stellt der neue Ablauf eine gute Lösung dar. Insbesondere die Vorgabe, sich
bereits am Samstagmorgen bezüglich der Rennreifen festlegen zu müssen, stellt
ein intensives Training am Freitag sicher. Damit sind sowohl der Freitag als
auch der Samstag mit den beiden aufeinander folgenden Qualifyings für die
Zuschauer attraktiver geworden.
|