Kategorie: Formel1 07.08.2009
Hintergrund zum BMW-Ausstieg aus der F1: Verpasste Chance
BMW beendet sein Formel-1-Engagement zum Saisonende 2009: „Natürlich ist uns
diese Entscheidung schwer gefallen. Aber dies ist ein konsequenter Schritt vor
dem Hintergrund der strategischen Neuausrichtung unseres Unternehmens“, sagte
Norbert Reithofer, Vorstandsvorsitzender der BMW AG, während der kurzfristig
einberufenen Pressekonferenz am Mittwoch, 29. Juli 2009, in München.
Den begehrten Titel des Weltmeisters hat BMW in der Formel 1 nicht einfahren
können. In der Königsklasse des Motorsports hat die Marke mit dem sportlichen
Image über zehn Jahre ihre Chance verpasst. 2009 wollte man endlich um den
WM-Titel fahren; geblieben ist bis zum zehnten von insgesamt 17 Rennen eine
magere Bilanz: Achter in der Konstrukteurs-WM (acht Punkte) sowie in der
Fahrer-WM den 13. (Heidfeld: sechs Punkte) und 15. Platz (Kubica: zwei Punkte).
Zu stark ist der Rückstand auf die Spitze, zumal beim vergangenen Rennen in
Ungarn Ferrari und McLaren Mercedes zur bewährten Stärke zurückgefunden haben.
Vom Fahren an der Spitze kann BMW Sauber gegenwärtig nur träumen. „In der
aktuellen Saison können wir die Erwartungen leider nicht erfüllen“, musste Dr.
Klaus Draeger, Entwicklungsvorstand bei BMW, anlässlich der Pressekonferenz zum
Ende des Formel-1-Engagements gestehen. Die Bekanntgabe von BMW, der Formel 1
den Rücken zu kehren, schlug ungebremst ein. Mit dem Ausstieg von BMW hat wohl
kaum jemand in der Branche gerechnet, eher sollten bei Toyota oder Renault die
Lichter ausgehen.
Gerade in der diesjährigen Saison stellt sich der Erfolg bei BMW Sauber nicht
ein. In einem Jahr, in dem man mehr wollte als den bloßen Sieg im Rennen – der
WM-Titel sollte nach München geholt werden, möglichst mit dem in diesem Jahr
eingeführten KERS Hybrid (Kinetic Energy Recovery System) an Bord. Schon nach
wenigen Rennen mutierte die Technik zum millionenteuren Flop. Selbst BMW fährt
nicht mehr mit KERS.
Ausgerechnet Wettbewerber Mercedes stürmte in Ungarn mit diesem System zum
ersten „Hybrid“-Sieg in der F1-Geschichte. Hintergrund: Das
Energierückgewinnungssystem wurde bekanntlich nur wegen des Vetos von BMW gegen
ein Verbot in der Formel 1 eingeführt. Der Gedanke hinter diesem
marketingwirksamen Schachzug war nicht schlecht: BMW wollte mit dieser Technik
den idealen Bogen vom Motorsport zum Serienautos spannen. Fazit: Es ist nicht
gelungen. Wer vor und während der Saison in der Entwicklungsarbeit verstärkt auf
KERS gesetzt hat, fährt nun hinterher. Teams wie Brawn und Red Bull haben nicht
auf KERS gesetzt.
„Die Formel 1 war für BMW stets die ideale Plattform, um wichtige Markenwerte
zu demonstrieren“, erklärt Draeger. „Das haben wir jahrelang betrieben und, was
den Technologietransfer von der Formel 1 in die Serie angeht, so konsequent
umgesetzt wie kein anderer Hersteller.“ – Nur mit KERS ist das nicht geschehen.
Nur wenige Stunden vor der Pressekonferenz – die Einladung ging erst zwölf
Stunden vor deren Start heraus – wurde die Grundsatzentscheidung über die
Neustrukturierung des BMW-Motorsport-Engagements in einer Vorstandssitzung
getroffen. „Premium wird immer stärker auch über Nachhaltigkeit und
Umweltverträglichkeit definiert. Wir wollen hier eine Vorbildrolle einnehmen. Im
Rahmen unserer Strategie „Number one“ stellen wir deshalb alle Projekte unter
dem Aspekt Zukunftsfähigkeit und Nachhaltigkeit auf den Prüfstand. Unser
Engagement in der Formel 1 entspricht dabei nicht mehr unserer
Hauptzielrichtung“, verkündete BMW-Vorstandsvorsitzender Dr. Norbert Reithofer.
Die Münchner betonten, dass nicht die aktuelle Performance in der Formel 1
und die allgemeine wirtschaftliche Situation sie zum Ausstieg bewogen hätten.
Hintergrund zur eher hastigen Entscheidung: Die Unterschrift alles F1-Teams
unter das neue Concorde-Agreement steht in diesen Tagen an. Es bindet ein Team
für drei Jahre, also 2010, 2011 und 2012 an die Formel 1. BMW wollte das nicht.
Aber BMW verabschiedet sich mit dieser Entscheidung nicht aus der
Motorsportszene. 2010 wird BMW auch weiterhin im Tourenwagensport und in der
Formel BMW starten. Hinzu kommen die Engagements in der ALMS, bei
Langstreckenrennen und verstärkt im seriennahen Kundensport. Die Frage, ob BMW
denn in der kommenden Saison als Motorenlieferant in der Formel 1 zur Verfügung
stehe, antwortete Draeger mit einem deutlichen „Nein“.
Quelle: ar/automobilreport.com/Peter Hartmann
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