Wie versprochen, ist hier ein kurzer Bericht über unseren Überführungsroadtrip. Damit es möglichst schnell geht, habe ich ziemlich willkürlich einige wenige Fotos aus insgesamt drei Kameras eingefügt. Insgesamt hat insbesondere Heidi fast 600 Fotos geschossen, fast alle aus dem fahrenden Auto.
Viel Spass beim Lesen.
Roadtrip Aurora/IL nach Fayetteville/NC
Zweieinhalb Tage durch das Herz der USA
Tag 1: 15.Juni 2012
Es ist 16:00, vor wenigen Minuten bin ich, aus Charlotte kommend, auf dem Flughafen von Chicago-Midway gelandet. Vor vier Tagen stand ich hier schon einmal, da hatte ich mir genau jenes Corvette Cabrio angeschaut, das ich nachher abholen werde. Im Moment warte ich allerdings noch auf meine Beifahrerin, die in wenigen Minuten aus New York hier ankommen soll. 30 Minuten Verspätung zeigt die Anzeigetafel, da bleibt Zeit, ein paar kurze Worte über Heidi zu verlieren: 33 Jahre alt, Major der US Army, zwei Jahre Erfahrung als Kontaktoffizier in Afghanistan und im Irak, meine Partnerin auf Army-Seite bei meinem aktuellen Firmenprojekt, Teilzeit-Dozentin für amerikanische Politik und Geschichte an der Militärakademie Westpoint, Marathonläuferin, Multitalent, dazu ausgesprochen attraktiv.
Unsere Überfhrungsroute wird uns in den nächsten zwei Tagen auf gut 1.300 Meilen mitten durch die USA von Aurora, einem Vorort von Chicago nach Fort Bragg, einem Stützpunkt der US Army in North Carolina führen. Dabei werden wir die Bundesstaaten Illinois, Missouri, Indiana, Kentucky, Tennessee, Alabama, Georgia, South und North Carolina durchfahren (wenn auch teilweise nur für wenige Meilen).
Das Auto, das wir heute übernehmen, habe ich mir für meinen anderthalbjährigen Aufenthalt in den USA gekauft. Es handelt sich dabei um eine Chevrolet Corvette C4 Convertible Grand Sport mit 5,7-Liter LT4-Motor und rund 330 PS Leistung aus dem Jahr 1996. Das gute Stück wurde vom Erstbesitzer penibel gepflegt, hat knapp 51.000 Meilen auf der Uhr, und trägt, wie alle Grand Sport, die Farbe Admiral-Blue mit zwei kleinen roten "hash marks" am linken vorderen Kotflügel sowie einen dicken weissen Streifen über das gesamte Auto. Ich wollte ein "richtiges" Ami-Auto, das hier soll es sein:

Der Vorbesitzer hatte mir während der Verkaufsverhandlungen ber 200 Bilder geschickt,....
Der Wetterbericht für das Wochenende zeigt Cabriowetter bei Mittagstemperaturen um die 90F, das sind rund 30 Grad Celsius.
Mittlerweile ist es kurz nach 23.00 Uhr (ich verwende der Einfachheit halber mal ein deutsches Zeitformat), wir sind in Springfield, der Hauptstadt des Bundesstaates Illinois angekommen und haben bereits 180 Meilen (also rund 290km) in knapp vier Stunden absolviert. Die Übergabe des Fahrzeuges sowie des Geldes gestaltete sich, wie von Wayne, dem Vorbesitzer, gewünscht, kurz und knapp. Der hatte sichtlichen Abschiedsschmerz und ich mußßte ihm versprechen, gut auf die Vette aufzupassen, die er uns sogar noch vollgetankt hatte. Aber nicht nur das: er hatte am Vortag noch eine fast vollständige Inspektion mit Öl- und Kerzenwechsel gemacht; schliesslich wusste er, dass "seine" Vette einen langen Trip vor sich hat..
Eine kleine Überraschung hat Wayne noch parat, als er sieht, wie Heidi eine Tasche mit CD's in die Ablage unter dem Verdeck schiebt: das Bose-Radio hat er vor einiger Zeit so umbauen lassen, dass das Kassettendeck zugunsten eines AUX-In-Anschlusses lahmgelegt ist (kommt das E38-Fahreren irgendwie bekannt vor ?). Apropos Verdeck: obwohl die Vette nur eine sehr kleine, weisse "Mütze" hat, gestaltet sich das manuelle Öffnen und Schliessen etwas fummelig. Glücklicherweise wird der Wagen immer in der Garage stehen und die meiste Zeit mit geöffnetem Verdeck bewegt werden. In North Carolina wird es auch im Winter tagsber selten kühler als 15 Grad.

Frühere Tankstelle am Beginn der Route 66 in Chicago
Ansonsten verläuft die erste Etappe unseres RoadTrip erwartungsgemäß: in den Suburbs von Chicago gibt es teilweise noch dichten Verkehr, aber im Stop-And-Go kann die Kupplung gleich einmal ihren ordnungsgemässen Zustand nachweisen. Allerdings gibt es auch die erste Schrecksekunde: der zweite und dritte Gang lässt sich bei langsamer Fahrt nicht mehr einlegen, fährt man etwas flotter, funktioniert es wieder. Während ich mich noch mit dem Schaltknauf selbst beschäftige, entdeckt Heidi die immer wieder aufleuchtende Kontrollleuchte "One To Four". Die Erklärung findet sich auf Seite 2-25 des Owner's Handbook: ein Energiesparmodus zwingt bei langsamer Fahrt und wenig Gaseinsatz zum Überspringen der Gänge zwei und drei. Fuel saving auf amerikanisch. Das Handbuch hat übrigens hat fast 400 Seiten, allein fünfzig davon beschäftigen sich mit dem richtigen Anschnallen und der Funktion der Airbags. Da wurde wohl wirklich jedes Produkthaftungsproblem "abgefrühstckt".
In Plainfield, IL, immer noch am Rande Chicagos kurz vor dem Abbiegen auf den Highway 59, finden wir das erste Relikt einer der berühmtesten Strassen der Welt, wir folgen jetzt der Route 66 mehr oder weniger bis St.Louis. Natürlich nehmen wir auch mal ein kurzes Stück der historischen Route 66 unter die Räder, aber schon aus Zeitgründen fahren wir ansonsten auf der weit besser ausgebauten und unmittelbar parallel laufenden Interstate 55. Was gibt's unterwegs zu sehen ? Von endlosen Feldern, Windparks, den typischen Wassertürmen und einzelnen Farmen mal abgesehen: wenig. Sonderlich viel Verkehr ist auf freier Strecke auch nicht mehr. Wir lassen es uns nicht nehmen, am Route66-Museum in Pontiac zumindest einmal vorbeizufahren.

Route 66 Museum in Pontiac, IL

Immer wieder mal zu sehen, nur nicht immer so bemalt: Wasserturm in Atlanta, IL
Nebenbei probieren wir ein wenig die Funktionen der Vette aus. So hat das Auto ein verstellbares Fahrwerk namens RTD, ein Wählschalter auf der Mittelkonsole ermöglicht die Varianten "Tour", "Sport" und Perf(ormance)". Man könnte aber auch sagen: "Hart", "H„rter", "Am Härtesten". Die Vette liegt schon in der "Tour"-Einstellung wie ein Brett auf der Strasse, gibt die Unebenheiten amerikanischer Interstates und Highways über die breiten 17" Felgen samt brandneuer Goodyear-Bereifung deutlich weiter. Das wirklich Überraschende aber ist: sie klappert nicht. Trotz billigster Kunststoffe am Armaturenbrett und auf der Mittelkonsole gibt's keinerlei störende Geräusche, auch nicht bei testweise geschlossenem Verdeck. Lediglich der Innenspiegel am oberen Rand der Windschutzscheibe zittert ein bisschen bei strammen Stössen. Der Stahlrahmen scheint also recht verwindungssteif zu sein.
Gegen 21.45 kommen wir in Springfield an, quartieren uns im Hampton Inn ein und beehren eines der örtlichen FastFood-Restaurants mit unserem Besuch. Die blaue Vette mit ihrem dicken weissen Längsstreifen und den beiden typischen roten "hash marks" am linken Kotflgel fällt der "Landjugend" auf dem McDoof-Parkplatz auf. Schnauze, Aussenspiegel und Windschutzscheibe tragen deutliche Hinweise auf einen durchquerten Heuschreckenschwarm....
Jetzt wird noch Heidi's iPod nano fr morgen befüllt . Sie sagte vorhin etwas davon, daß wir morgen früh vor dem Start noch eine Runde Laufen gehen könnten, aber das hat sie sicher nicht ernst gemeint.
Tag 2: 16.Juni 2012
Irrtum, Sie hat es ernst gemeint. Punkt 5.45 Uhr ging's los, zwar nur für 45 Minuten, dafür aber in strammem Tempo. Und jetzt rede ich nicht vom Vette-Fahren, sondern vom Laufen. Heidi hatte tatsächlich Laufsachen für uns beide eingepackt. Eine etwas grössere Tasche verwundert einen ja bei einer Frau nicht, daher konnte sie Laufschuhe, Shorts und Shirts unbemerkt "einschmuggeln". Der Stauraum im Auto ist nicht sonderlich groá, insbesondere bei geöffnetem Verdeck, und nur vom Fahrzeuginnenraum aus zugänglich. Aber zwei Taschen mit sommerlichem Wochenend-Gepäck passen gerade so hinein. Dort, wo der Durchschnittsautofahrer eher den Öffnungsmechanismus für den (nicht vorhandenen) Kofferraumdeckel vermuten würde, findet man bei der Corvette unter einer recht grossen Klappe nur den Tankdeckel.
Aber zumindest haben wir uns mit dem Lauf das Frühstück bei Denny's dann auch verdient.
Die in der ersten Hälfte der 90er gebaute C4 verfügt bereits über ein Keyless Entry-System. Leider ist das nicht, wie bei modernen Autos, direkt in den Schlüssel integriert, sondern befindet sich in einem kleinen separaten Kästchen, eben richtig "old school". Aber immerhin funktioniert alles einwandfrei.
Kurz vor 8.00 sind wir wieder auf der Interstate 55, Southbound. Das Radio ist voll aufgedreht, "Good Morning America, How Are You". Das Leben kann so schön sein. Die Route66 liegt weiterhin direkt neben der Interstate, ansonsten sehen wir immer noch Felder, Windräder und gelegentlich mal einen TruckStop. Irgendwie sieht die Gegend aus wie Mecklenburg-Vorpommern, nur ohne die Aussicht, in Kürze ans Meer zu gelangen.

St.Louis, MO
Wir passieren St.Louis, durchfahren für wenige Meilen den Bundesstatt Missouri und verlassen den Verlauf der Route 66. Es ist Zeit, sich noch einmal mal kurz mit der Vette näher zu befassen. Nach rund 300 Meilen (also knapp 500 Kilometern) zeigt die Tankuhr immer noch mehr als 1/3 Tankinhalt an. Das Mäusekino mit Digitaltacho funktioniert ebenso wie die Klimaautomatik einwandfrei, lediglich der Lautsprecher im Armaturenbrett vorne rechts setzt gelegentlich mal kurz aus. Das Sahnestück der Vette ist vor allem der Motor. Wir überprüfen ein paarmal kurz auf freien Interstate-Teilstücken die Anwesenheit der 330 Pferde. Ergebnis: sie sind vollständig vorhanden, vielleicht sogar noch ein paar mehr und machen sich bei Bedarf auch lautstark bemerkbar. Das ist dann auch Heavy Metall, nicht so wohltemperiert sonor wie beim Aston. Es beginnt irgendwann bei höheren Geschwindigkeiten, auch im Cockpit zu ziehen. Bei normalem Interstate-Tempo dagegen sitzt man, insbesondere bei geschlossenen Seitenscheiben, sehr geschützt, die Klimaautomatik scheint ziemlich leistungsfähig zu sein und macht das Offen-Fahren bei fast 90F (rund 30 Grad) erst ersträglich.
Kurz vor Mittag überqueren wir auf der Interstate 64 die Grenze nach Indiana. In einem Örtchen namens Griffin, direkt am Exit 4 der I-64, bekommen jetzt Beifahrerin, Fahrer und auch das Auto Energienachschub. Exakte Verbrauchsberechnungen bei solchen Autos finde ich unsinnig, trotzdem überschlage ich kurz und komme auf einen Durchschnittsverbrauch in der Grössenordnung von 10l/100km. Wir sind zwar sehr gemächlich und fast durchgehend mit Tempomat unterwegs, aber das erscheint mir doch sehr gering.

Heidi. Hasst es, fotografiert zu werden. Daher dieser unbeobachtete "Abschuss" an der Tanke
Die Burger im Diner waren eher mittelprächtig und schon geht es weiter, nunmehr Richtung Kentucky, aus der Interstate wird jetzt zunächst der Highway 41, später dann, schon in Kentucky, der Highway 60. Um 15.00 Uhr erreichen wir Bowling Green. Was sollte es am Samstag nachmittag in diesem Kaff im Mittleren Westen schon zu sehen geben ? Nicht viel, aber genau hier lief unsere Vette im April 1996 vom Band des General Motors-Werkes. Das zugehörige Museum verkneifen wir uns, weiter geht es südwärts, Nashville ist nur noch 80 Meilen entfernt, abermals geht es über eine Staatsgrenze, diesmal nach Tennessee.
Kurz vor Nashville sehen wir die Abfahrt Richtung Hendersonville. Und da wir gut in der Zeit liegen, machen wir einen kleinen Abstecher an den Old Hickory Lake, einen Stausee im Verlauf des Cumberland River. Hier lebte der "Man in Black", Johnny Cash in den letzten Jahren vor seinem Tod und ist hier auch begraben. Sein Haus ist vor einigen Jahren leider abgebrannt, aber das Grab von Cash und seiner Frau ist ein regelrechter Touristenmagnet. Das haben wir uns nicht angetan und sind die letzten Meilen nach Nashville hineingerollt.

Nashville, Music City. Natrlich gibt es hier auch Gitarren und andere Musikinstrumente
Unser Hotel, das Nashville Hilton, erreichen wir gegen 17.30 Uhr. Es liegt direkt in der Innenstadt, nur wenige Blocks von "The District", der historischen Innenstadt entfernt. Zur Enttäuschung der vor dem Eingang des Hotels lauernden Valet Parking-Mitarbeiter fahre ich die Vette selbst aufs Parkdeck. Wir gönnen uns eine Dusche und etwas Ruhe, dann brechen wir um 19.30 Uhr wieder auf, um etwas zu essen und zumindest einen kleinen Eindruck von Nashville zu bekommen. Direkt am Cumberland River finden wir ein sehr schönes Barbeque Restaurant, dass einen erstaunlich guten Rotwein aus Tennessee anbietet. Anschliessend schauen wir uns noch kurz in Nashville um, aber auch wenn das Fahren sehr entspannt war, gehen die heutigen 440 Meilen mit offenem Verdeck bei teilweise deutlich über 30 Grad Celsius (94F) doch nicht ganz spurlos an uns vorbei, trotz Klimaautomatik und Basecap. Somit wird der Abend auch nicht allzu lang.
Morgen sind es noch ein paar Meilen mehr, ausserdem wird auch Heidi mal das Steuer bernehmen.
Tag 3: 17.Juni 2012
Heute morgen haben wir auf die Laufrunde verzichtet und sind direkt nach dem Frühstück aufgebrochen. Schon seit gestern nachmittag ist die Landschaft abwechslungsreicher, es wird hügeliger, und teilweise fahren wir an Wäldern entlang. Jetzt kann die Vette ihre (erstaunlich guten) Handlingeigenschaften beweisen. Ausserdem habe ich mittlerweile den Eindruck, dass der LT4-Motor wirklich extrem gut geht. Der in amerikanischen Foren geäusserte Eindruck, dass dieser Motor stark nach oben Richtung ZR-1 "streut", scheint sich zu bestätigen. Das mag aber auch damit zusammenhängen, dass der Grand Sport grundsätzlich über eine 6-Gang-ZF-Handschaltung verfügt und somit keine Kraft in einer ineffektiven Automatik hängenbleibt.

Jack Daniels
Unser nächstes Ziel auf der Route: Lynchburg, Home of Jack Daniel's. Wer sich schon einmal in der Nähe von Barcelona das "idyllisch gelegene Weingut" von Freixenet angeschaut hat, erwartet jetzt einen grossen, modernen Industriekomplex. Aber nix da. Es gibt zwar ein grosses Visitor Center, aber alles ist überschaubar und irgendwie authentisch. Im Wald verstreut stehen Holz- und Backsteinhäuser. Und da wir sehr früh dran sind, brauchen wir uns auch keine Gedanken darüber zu machen, ob noch ein paar Flaschen in das bersichtliche Gepäckfach passen: der Giftshop ist ebenso wie die Geschäfte im Ort noch geschlossen. An den Hängen der umliegenden Hügel wächst unter anderem auch der Wein, den wir gestern getrunken haben. Weiter geht's nun auf kleineren Strassen über die Staatsgrenze nach Alabama. Wir sehen Pfirsich- und Baumwollplantagen, so langsam stellt sich richtiges Südstaaten-Feeling ein. In einem Ort namens Section bleiben wir kurz vor einer Kirche stehen, durch die offen stehende Tür dringt Gospelgesang heraus, der richtige Soundtrack für diese Gegend, dann geht es wieder weiter.

Endlose Obst- und Baumwollplantage. Hier gibt es Pfirsiche

Kleine Überraschung am Wegesrand: Reste eines Ford Edsel

Kirche in Section, AL
Der nächste Tankstop ist nicht weit entfernt, in Fort Payne, AL bunkern wir wieder Sprit. Jetzt liegt der Verbrauch in der Gegend von 11 Litern, auch der Spritpreis macht Spass: etwa halb so teuer wie in Deutschland.

Keine Frage, wer hier mal zuhause war.
Abermals passieren wir eine Staatsgrenze, wir sind nun in Georgia, auf direktem Weg nach Atlanta. Nebenbei haben wir die Uhr um eine Stunde vorgestellt, ab jetzt gilt wieder Eastern Standard Time. Wälder, Obst- und Baumwollplantagen wechseln sich ab. Die Hügel, über die wir fahren, sind die sdlichen Ausläufer der Blue Ridge Mountains. Nach vielen kleineren Strassen und Highways sind wir jetzt auf der Interstate 75. Atlanta passieren wir gegen 15.00 Uhr auf dem nördlichen Autobahnring, das Thermometer zeigt sportliche 95F, das sind 35 Grad Celsius. Dank Sonnencreme und "sonnenfesten" Hauttypen sehen wir zwar nicht aus wie gekochte Hummer, trotzdem schliessen wir das Verdeck und fahren erst einmal geschlossen weiter. Seit einem Truckstop kurz vor Atlanta hat Heidi übrigens das Steuer übernommen. Wer den HumVee bändigen kann, kann auch Vette fahren. Bei entspannt grummelndem Motor und nur leichten Windgeräuschen ist für mich Zeit für ein kleines Nickerchen.
Atlanta ist der südlichste Punkt unserer Route, seit einiger Zeit geht es schon fast schnurgerade nach Nordosten auf der I-85, Richtung Spartanburg. Man merkt nun, dass wir uns in dichter besiedeltem Gebiet bewegen. Der Verkehr ist ein wenig dichter, Farmen, Städte und kleine Gewerbegebiete wechseln sich ab, aber ein wenig öde ist es schon. Die Staatsgrenze Georgia-South Carolina durchzieht den Lake Hartwell, einen langgezogenen Stausee mit vielen Buchten. Das ist wieder ein Stück tolle Gegend, es bleibt etwas Zeit für eine kurze Rast an einem nahegelegenen Uferstück. Ein Weisskopfseeadler, das mittlerweile garnicht mehr so seltene Wappentier der USA, fliegt vorbei.
Da ich das BMW-Werk schon kenne, passieren wir Spartanburg ohne weiteren Stop. Mittlerweile ist es kurz vor 19.00 Uhr, wir gönnen uns in einem TruckStop einen kurzen Snack und ich übernehme wieder das Steuer. Immerhin habe ich aber die Zeit auf dem Beifahrersitz unter anderem genutzt, um weite Teile dieses Textes nach den Sprachaufzeichnungen auf meinem iPhone zu schreiben.
Weiter geht's auf der I-85 über die letzte Staatsgrenze, North Carolina ist erreicht. Fast "zuhause", "nur" noch 200 Meilen. Ab dem vor uns liegenden Charlotte kenne ich mich gut aus, den dortigen Flughafen nutze ich regelmässig. Witziges Detail: Charlotte liegt in einem County namens Mecklenburg. Und von hier ist es auch nicht mehr weit zum Atlantik (nur noch 270 km, ist eben alles relativ). Zum letzten Mal tanken wir, dann geht es durch die Tiefebene von Richtung Fayetteville. Um 23.10 Uhr rollt die Vette, längst mit geöffneten Schlafaugen, nach 1.321 Meilen (2.126 km) am Surf Lake aus. Ein toller Roadtrip liegt hinter uns.
The Day After
Natrlich hätte man sich für diese Tour mehr Zeit nehmen müssen, insbesondere die letzte Etappe war schon heftig. Aber wie heisst es so schön bei einem chinesischen Philosophen (der nicht mal ein Auto hatte): "Der Weg ist das Ziel".
Die Vette hat den Trip, meistenteils nur knapp über Leerlaufdrehzahl bewegt, natürlich lässig überstanden. Sie ist, trotz des eingeschränktem Federungskomfort, ein richtig angenehmer Langstreckenwagen, zumindest dann, wenn man auf grosses Gepäck verzichten kann.
Der gemessen an der Leistung recht günstige Verbrauch macht das Vergngen noch etwas grösser, ein Ölkonsum ist garnicht feststellbar. Ein gespannter Blick galt heute morgen dem Boden meiner Garage: aber auch dort Fehlanzeige, keinerlei Anzeichen für irgendeinen Flüssigkeitsverlust.
Somit bleibt nur noch wenig zu tun: jetzt braucht das gute Stück mal eine richtige Wäsche. Am gestrigen Abend haben noch einmal viele tausend Fliegen, Mücken, Nachtfalter und sonstiges Insektenzeugs auf dem Auto ihr Leben gelassen. Und diese schwarze Masse muss nun erstmal wieder runter. Da wird einem schon klar, warum hier sehr viele Leute mit diesen furchtbaren "bra's" durch die Gegend fahren.
Dem vorderen rechten Lautsprecher werde ich ebenfalls mal etwas Aufmerksamkeit schenken, das war's dann schon fast.
Last but not least muss die Vette naütrlich noch angemeldet werden. Das ist im Gegensatz zu Deutschland nicht an einem Tag "abgefrühstückt", vor allem, wenn man ein Wunschkennzeichen haben will. Dazu kommt eine Art TÜV-Prfung aufgrund des Bundesstaatenwechsels.
Wenn das alles fertig ist, machen wir noch einmal eine richtige Fotosession mit der Corvette, hier auf dem Stützpunkt und der benachbarten Airbase gibt's einige prima Locations.
Axel