Kategorie: Connected 27.11.2007
Internet Protocol - ein Weltstandard wird automobil
München. Woran die Ingenieure der BMW Group Forschung und Technik im
Bereich Elektronik gerade arbeiten, nennen sie selbst eine "Vision" in der
Bordnetztechnologie. Sie haben diese Freiheit, über das Netzwerk im Auto so
nachzudenken, als ob sie es ohne bestehende Vorgaben heute neu entwickeln
könnten. Was dabei herauskam, ist eine Revolution in der Automobilelektronik.
Das automobile Bordnetz - gestern und heute
Noch vor einigen Jahrzehnten gab es in einem PKW nur wenig Elektrik und kaum
Elektronik. Im Motorraum steckten Batterie, Lichtmaschine, Regler, Anlasser und
Zündung. Am Armaturenbrett fanden sich Schalter, Kontrolllämpchen, Blinkerrelais
und Sicherungen. Vom Armaturenbrett bis zum Fahrzeugheck gab es nur noch einige
Leuchten und die dazugehörigen Kabel. Das Autoradio bildete die Krönung der
Fahrzeugelektronik in einem Auto bis zur Mitte der 1970er Jahre.
Forschungsprojekt "Bordnetz der Zukunft"
Heute sind bis zu 90 Prozent aller Innovationen in einem Fahrzeug mit dem
Einsatz von Elektronik und Software verbunden und die Anzahl der Steuergeräte
(z. B. für die Motorsteuerung oder die Dynamic Stability Control) ist
dementsprechend in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Bis zu 70
Steuergeräte werden aktuell in Premiumfahrzeugen der Oberklasse verbaut. Das
heißt: Ein modernes Fahrzeug hat mehrere hundert elektrische und elektronische
Funktionen und bis zu 115 MByte Programmcode und Daten an Bord - und das ohne
die Daten der Navigations-DVD. Um die Daten der Elektronik im Fahrzeug zu
transportieren, arbeiten in einem aktuellen Fahrzeug bis zu fünf
unterschiedliche Bussysteme wie CAN, LIN, MOST und FlexRay nebeneinander und
über Gateways zusammen. Alle erfüllen die Anforderungen ihres jeweiligen
Einsatzgebietes optimal, aber alle diese Bussysteme sprechen eine eigene
automobile "Sprache", die - um im Bild zu bleiben - immer übersetzt werden muss,
wenn Informationen von verschiedenen Systemen genutzt werden wollen.
Die Revolution: Internet Protocol
Es ist das Privileg und die Arbeitsweise der Forscher, sich von den heutigen
Gegebenheiten zu lösen und weiterzudenken. Auf der Suche nach einer
einheitlichen Standardsprache für das Netzwerk "Automobil" stießen die
Informatiker auf das Internet Protocol (IP) - der Sprache des weltumspannenden
Internets ebenso wie vieler Endgeräte vom MP3-Player bis zum Laptop.

Forschungsprojekt "Bordnetz der Zukunft"
Die vernetzte digitale Datenkommunikation, in drahtgebundener und drahtloser
Form, ist aus dem modernen Alltag nicht mehr weg zu denken. Das heutige Leben
ist längst geprägt durch den schnellen und unkomplizierten Austausch von
Informationen unabhängig vom Ort. Emails können an jedem erdenklichen Ort und zu
jeder Zeit versendet werden - entweder über das Mobilfunktelefon, das Notebook
oder das Smartphone. Daten, wie Sprache oder Email, werden dazu digitalisiert
und in Form von Internet Protocol-Paketen übertragen. Dieser Standard ermöglicht
ein Höchstmaß an Freiheit und Unabhängigkeit, denn Daten wie Musik, Bilder,
Emails, Dokumente, Adressen usw. sind jederzeit und überall abruf- und damit
auch verfügbar.
Die spannende Aufgabe der Forscher war es nun, zum einen zu beweisen, dass IP
für den Einsatz im Fahrzeug geeignet ist, zum anderen aufzuzeigen, was diese
Technologie an neuen Möglichkeiten eröffnet.
Der Prototyp: eine Sprache für alle
In Versuchsaufbauten und integriert in ein aktuelles Serienfahrzeug
demonstriert die BMW Group Forschung und Technik, was prototypisch durch
Internet Protocol im Fahrzeug möglich ist.
Für den Aufbau des Prototypen kamen wo möglich Standardkomponenten aus dem
PC- und Embedded-Bereich zum Einsatz. Auch aktuelle Steuergeräte wie die
Motorsteuerung (DME) und das Fahrregelsystem DSC (Dynamic Stability Control),
sowie die so genannte Head-Unit, die z.B. das Radio steuert, sind in das
IP-Netzwerk eingebunden. Über von den Forschern selbst gebaute Gateways ist die
Fahrzeugbuskommunikation in Echtzeit mit dem Fahrzeug-IP-Netz verbunden. An das
leistungsfähige IP-Netz wurden darüber hinaus ein Multimediaserver und optional
eine Kamera angeschlossen. Mit diesem Aufbau konnte u.a. der Nachweis erbracht
werden, dass ein Internet Protocol basiertes Netzwerk sowohl
sicherheitskritische Fahrwerkssysteme in Echtzeit wie Multimedia-Anwendungen mit
hohem Datenvolumen parallel ausführen kann.
Die Möglichkeiten: Beispiele aus der Anwendung
Das neuartige, auf IP basierende Fahrzeugbordnetz macht die Infrastruktur in
einem Fahrzeug flexibler. In Zukunft kann dann z. B. die Werkstatt leichter neue
Steuergeräte inklusive neuer Funktionen integrieren oder der Kunde per Plug&Play
seine neuen elektronischen Endgeräte im Fahrzeug nutzen und bedienen. Nicht alle
Anwendungen müssten fest im Fahrzeug verbaut werden, da das auf IP basierende
Bordnetz die Brücke zum weltumspannenden Internet schlägt.

Forschungsprojekt "Bordnetz der Zukunft"
Die Ingenieure erforschen auch weitere Möglichkeiten, die sich ergeben, wenn
die komplette Elektronik des Fahrzeugs nur noch eine Sprache kennt. Dann ist es
beispielsweise - wie in einem Prototyp bereits erlebbar - einfach möglich, dass
ganze MP3-Kollektionen im Fahrzeug ganz bequem über das Internet angehört werden
können oder Videos direkt im Fahrzeug aus dem Internet geladen und zur
Unterhaltung auf den Rücksitzen abgespielt werden können. Mit dem Bordnetz der
Zukunft wird das Fahrzeug unabhängig von den kurzen Entwicklungszyklen der
Entertainment-Industrie, da auch die jeweils neuesten Entwicklungen (Blue Ray,
HDTV, IPTV, IP Radio, …) einfach per Plug & Play genutzt werden können ohne in
der Fahrzeuginfrastruktur funktionale Erweiterungen durchzuführen.
Einblicke in das Bordnetz und die Steuergeräte des Fahrzeugs sind für die
Insassen und den Service viel leichter. Der Service kann sogar per Bildtelefonie
mit dem Fahrer Kontakt aufnehmen und auch visuell Hinweise zur Lösung von z.B.
Bedienproblemen geben. Auch im Bereich der Fahrerassistenzsysteme bietet diese
neuartige Bordnetztechnologie völlig neue Möglichkeiten, insbesondere für
komplexe Systeme, die auf verschiedene Informationen von Sensoren, Kameras, etc.
zugreifen. Alle diese Systeme und Informationsgeber sprechen dann dieselbe
Sprache.
Quelle: BMW Presse-Mitteilung vom 27.11.2007
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