Kategorie: Formel1 29.05.2008
Interview mit BMW Sauber F1 Team Fahrer Robert Kubica.
“Ich muss mit gar nichts fertig werden.”
München/Hinwil, 29. Mai 2008.
Nach sechs Rennen der Saison 2008 liegt BMW Sauber F1 Team Pilot Robert Kubica
mit 32 Punkten auf Rang vier der Fahrer-Weltmeisterschaft. In einer Woche kehrt
er an jenen Ort zurück, an dem er vor einem Jahr einen fürchterlichen Unfall
hatte.
- Sie waren einer der wenigen Piloten, die den Großen Preis von Monaco
fehlerfrei absolvierten. Gibt das eine besondere Genugtuung?
Robert Kubica:
Nein, eigentlich nicht. Okay, es war ein schwieriges Rennen, weil sehr viel
Wasser auf der Strecke war – viel mehr, als wir erwartet hatten. Die Bedingungen
änderten sich laufend, und auch die Reifen verhielten sich immer wieder anders,
sodass wir uns dauernd neu darauf einstellen mussten. Ich habe ein paar kleine
Fehler gemacht – zwei, drei Mal glaubte ich, in die Leitplanken zu krachen, aber
es gelang mir jedes Mal, das Auto abzufangen. Es war in der Tat ein sehr
schwieriges Rennen, und ich bin glücklich darüber, dass es mir gelungen ist,
richtig an die Sache heranzugehen, konstant und schnell zu fahren. Auch die Wahl
der richtigen Strategie war unter diesen Umständen eine Herausforderung, und ich
denke, wir haben ein starkes Rennen abgeliefert. Ich konnte einen Podestplatz
herausfahren, der für das Team und für mich wichtig war.
- Nächste Woche kehrt die Formel 1 nach Kanada zurück, an den Ort, an dem Sie
einen fürchterlichen Unfall überstanden haben. Wie werden Sie mit diesen
Erinnerungen fertig?
Kubica: Ich muss mit gar nichts fertig werden. Wir gehen nach Kanada, auf eine
meiner Lieblingsstrecken. Natürlich weiß jeder, was 2007 geschehen ist, aber das
beeinflusst mich nicht, weil es schon ein Jahr her ist und ich seither immer
wieder im Formel-1-Auto gefahren bin, ohne mir darüber Gedanken zu machen. Im
Motorsport und in der Formel 1 gibt es Risiken, aber ich habe keine negativen
Gefühle in Bezug auf Kanada. Ich gehe dorthin wie zu jedem andern Rennen mit dem
Ziel, so viele Punkte wie möglich zu sammeln.
- Hat der Unfall etwas in Ihrem Leben verändert?
Kubica: Nein.
- Welche Rolle spielt das Mentale in der Formel 1 - trainieren Sie speziell?
Kubica: Ich denke, dass mentale Stärke in jedem Sport wichtig ist, in der Formel
1 jedoch ganz besonders. Da muss man sich nur mal das zurückliegende Rennen
anschauen. Monaco ist bereits im Trockenen mental anstrengend, aber diesmal war
es noch schwieriger. Wir mussten über eine Dauer von zwei Stunden voll
konzentriert bleiben, während wir bei sich ständig ändernden Bedingungen absolut
am Limit zwischen den Leitplanken fuhren. Monaco ist eine der leichtesten
Strecken in Bezug auf physische Belastung, aber wahrscheinlich die härteste in
Bezug auf Konzentration. Ich mache kein spezielles Mentaltraining, aber ich
versuche laufend, mich zu verbessern, und ich glaube, dass ich in diesem Bereich
ziemlich gut bin. Das beste Training waren für mich die vielen Rennen gegen
starke Piloten, als ich noch jünger war. Ich glaube, dass jeder selbst sein
bester Mentaltrainer ist, indem er seine Fehler und Herangehensweise analysiert
und versteht.
- Sie hatten bisher eine sehr starke Saison – wie konnten Sie sich gegenüber dem
Vorjahr so verbessern?
Kubica: Es gab viele Faktoren, die meine Leistungen 2007 beeinflusst haben. Ich
denke nicht, dass ich mich als Fahrer so stark verbessert habe. Aber es gab
mehrere Dinge, außerhalb des Autos und auch im Auto, die nun viel besser sind.
Alle diese Faktoren haben mir das Leben leichter gemacht, ermöglichen mir, das
Auto so abzustimmen, dass ich ein besseres Gefühl dafür habe. Die jetzigen
Resultate zeigen eigentlich nur, wie große Probleme ich im vergangenen Jahr
hatte. Das war viel stärker, als man von außen vermuten konnte. Es gibt so viele
Kleinigkeiten, die die Leistung in der Formel 1 beeinflussen. Das vergangene
Jahr war sehr enttäuschend für mich, aber ich habe daraus gelernt, und ich bin
glücklich darüber, dass ich meine Ergebnisse so stark verbessern konnte.
- Sehen Sie sich als Anwärter auf den Weltmeister-Titel?
Kubica: Ich denke nicht. Natürlich kann in der Formel 1 alles passieren, aber
speziell in den zwei, drei zurückliegenden Rennen waren wir nicht ganz so stark
wie zu Saisonbeginn, als wir mittendrin waren zwischen Ferrari und McLaren. Es
war schwieriger für uns, ganz vorn dabei zu sein. Ich erwarte, dass Kimi
Räikkönen, Felipe Massa und Lewis Hamilton um den Titel kämpfen, aber wenn sich
für mich eine Chance bietet, werde ich natürlich alles geben. So oder so gehe
ich stets gleich an die Aufgabe heran: Ich versuche, das Maximum aus dem Auto
herauszuholen und so viele Punkte wie möglich zu sammeln.
- Auf der Strecke in Montréal wird mit mittlerem Abtrieb gefahren. Denken Sie,
dass der BMW Sauber F1.08 dort schnell sein wird?
Kubica: Montréal ist eine ganz andere Strecke als Monaco, abgesehen von der
Tatsache, dass es auch eine Art Straßenkurs ist, auf dem sich die Bodenhaftung
von einem Training zum nächsten massiv verbessert. Aber der Abtriebslevel ist
viel niedriger. Wir müssen sehen, wie es läuft. In der Türkei sind wir mit
relativ wenig Abtrieb gefahren, und wir waren dort nicht sehr schnell, aber das
Team hat im Hinblick auf Montréal ein spezielles Aerodynamik-Paket für mittleren
Abtrieb entwickelt, das hoffentlich gut funktioniert und uns in eine starke
Position bringt.
- Was machen Sie eigentlich in Ihrer Freizeit?
Kubica: Ich bereite mich auf den nächsten Test oder das nächste Rennen vor. Vor
der Saison arbeite ich besonders intensiv an meiner körperlichen Fitness. Aber
natürlich entspanne ich mich nach den Rennen, um Energie für das nächste Rennen
zu tanken. Darüber hinaus spiele ich gerne mal Bowling oder Poker, oder ich
mache ganz normale Dinge wie andere Leute auch.
Quelle: BMW Presse-Information vom 29.05.2008
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