25.11.2007
Gastkommentar: „Nie mehr rasen, nie mehr fliegen – retten wir so die Welt?“
Wenn es um eine reißerische Fragestellung geht, ist selbst eine seriöse
Fernsehanstalt wie das Erste nicht zimperlich. „Menschen bei Maischberger“
wollte mit der Fragestellung (siehe Überschrift) nur provozieren, echte
Antworten gab es natürlich nicht. Dafür wurde viel ökosoziales Gutmenschentum
verbreitet. Erschreckend auch in dieser Diskussion: Sachlichkeit bleibt meistens
auf der Strecke.
Nur der einzige Autoverteidiger, der renommierte Fernsehjournalist Günter
Ederer, entpuppte sich bei aller Autonähe in distanzierter Sachlichkeit („Ich
habe nichts gegen ein Tempolimit, aber es ist eine Symbolhandlung.“). Er
bezweifelte als Einziger in der Runde einen menschlichen Einfluss auf die
globale Erwärmung, beklagte eine Klimahysterie und die Verteufelung des Autos
als Ursache allen Übels. „Es ist ein Mythos, dass das Auto Umweltschädling
Nummer eins ist. Das Auto ist lebenswichtig für die deutsche Wirtschaft.“ In
solch unsachlicher Runde war der Mann eine Wohltat.
Fernseh-Ex Franz Alt malte das baldige Ende des Ölzeitalters an die Wand
(„Der Benzinpreis wird sich bald verdreifachen.“) und forderte im Gleichklang
mit dem ZDF-Moderator Karsten Schwanke ein Tempolimit auf Autobahnen. Dass es
Schwanke trotz Einsicht in schlichte Symbolik eines solchen Limits dennoch mit
der Begründung für sinnvoll hält, dass dann endlich nur noch kleine Autos mit
kleinen Motoren gebaut würden, in denen man „doch auch bequem 130 fahren kann“,
macht die wirtschaftliche Naivität und schlichte Denkart deutlich, zu der diese
Meinungsmacher fähig sind.
Die Grünen-Politikerin Halo Saibold, die vor Jahren mit der Forderung Furore
machte, dass Deutsche nur noch alle fünf Jahre in den Urlaub fliegen sollten,
und damals den Benzin-muss-fünf-Mark-kosten-Beschluss der Grünen initiierte,
ließ es an unsachlicher Autokritik natürlich nicht mangeln. Konsequent war sie
aber in einem Punkt: Sie war die Einzige, die nicht mit dem Flugzeug ins
Fernsehstudio gekommen war.
Was angesichts der Übermacht von (teilweise) polemisch argumentierenden
Klimarettern in solchen Diskussionen geradezu Angst macht, ist die
wiederentdeckte Idee, dass am deutschen Wesen die Welt zu genesen habe. Ja,
meinte denn sogar Franz Alt, das sei in diesem Fall richtig. Dass Günter Ederer
gerade davor warnte, konnte die Unsachlichkeit nicht aufwiegen. Sein Argument,
dass die Ersparnis bei einem Tempolimit auf 120 km/h den weltweiten Anstieg von
CO2-Ausstoß von drei Tagen eliminieren würde, der Ausbau des Kölner Rings und
die daraus resultierende Ersparnis an Benzinverbrauch aber das Sechsfache
bringen würde, wurde als Argument zerrissen. Franz Alt: „Mehr Straßen bringen
mehr Autos!“
Das Dilemma machte Ederer deutlich: „Wir machen Symbolpolitik, aber wenn es
um mögliche große Lösungen geht, weichen wir aus.“ Es ist bedauerlich, dass in
all diesen Diskussionen der Klimawandel allein am Auto festgemacht wird. Niemand
fragt nach den großen Lösungen wie Ederer, nach Kraftwerken, nach effizienteren
Heizungen, nach wirklichen Möglichkeiten, Energie zu sparen. Das Auto bleibt an
allem Schuld. Niemand scheint mehr wahrnehmen zu wollen, dass ein großer Teil
unseres wirtschaftlichen Wohlstandes aus unserer Mobilität zu Lande, zu Wasser
und in der Luft resultiert.
Wenn Franz Alt meint, kleine Autos für alle könnten die Welt retten und
unsere Wirtschaft beflügeln, muss er sich fragen lassen, wo sein
wirtschaftlicher Sachverstand bleibt. Die deutschen Premiumhersteller mit ihren
Exporterfolgen sind und bleiben ein wesentlicher Stützpfeiler unserer
Wirtschaft. Wann endlich hören wir auf, diesen Pfeiler zu beschädigen? Diese
Industrie ist nicht nur innovativ, wenn es um stärkere Motoren geht, sondern vor
allem, wenn es um effizientere Hightech-Antriebe geht, um Sicherheit, Qualität,
Begehrlichkeit und Image. Das sind die Erfolgsfaktoren, die unverzichtbar sind.
Trabis fürs Volk hatten wir doch schon mal.
Quelle: ar vom 25.11.2007, von Hans-U. Wiersch (Entnommen aus der aktuellen
Ausgabe des Branchen-Informationsdienstes PS-Automobilreport)
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