BMW 6er: Vom 7er zum M6 Gran Coupé

[BMA]

Ich habe den Titel deshalb gewählt, da ich es für bedeutsam erachte, aus welcher Perspektive man seinen Neuerwerb betrachtet. Welche eventuelle Sehnsucht oder Neugier man mit einem anderen Auto-Typ befriedigen möchte und welche Defizite man bewusst eingeht, um dadurch andere Qualitäten zu erleben.
Die schlussendliche Bilanz ist aber erst dann möglich, wenn der Neuerwerb zur (Leasing-) Rückgabe gebracht wird. Daher hier nur ein erster Zwischenbericht, und zwar mal anders geschrieben, da wir hier schon einen professionellen Bericht von JRAV lesen durften.
Vom 7er zum M6 GC ist ein völlig anderes Erlebnis als vom 911er oder M3 zum Selbigen M6 GC!

Das normale (fast hätte ich „gewöhnliche“ gesagt☺) Gran Coupe versucht 7er und 5er Fahrer gleichermaßen für sich zu begeistern, das schafft es vielleicht sogar durch seine betörende Optik. Die aus der Optik resultierenden Defizite in der Praktikabilität und des Raumgefühls nimmt der 5er Fahrer eher hin, der 7er Fahrer strauchelt da aber schon deutlich mehr.

Aber was zum Teufel soll ein M6 GC!?

Das ist doch totaler Unsinn. Ein M6 hat gefälligst nur zwei Türen zu haben und höchstens die Version mit ohne Dach sei erlaubt.
Aber ne verkappte M7-Limo?
Nee,....das brauch doch kein Mensch.
Solche Droschken haben gefälligst 12 Zylinder und entsprechenden High-End-Komfort zu haben und dürfen im Falle von BMW auch noch Freude am Fahren vermitteln.
"tiefergelegte Flugzeugträger haben im sportiven Segment nichts zu suchen"....ruft der M3-oder 911er-Fahrer lauthals in den Schwarzwald, wo er beherzt im Sommer durch die Tannen zirkelt und immer nur halb voll tankt, um der Zentrifugalkraft entgegen zu wirken.

Was entgegnet so ein M6-GC solchen Frontalangriffen!?

Garnichts! Muss es auch nicht. Das M6 GC macht es nämlich allen recht und unrecht zugleich. Da müssen die Straßen schon sehr winklig sein, bevor der flotte 911 oder M3 Kreise um den 6er fährt. Die schlechte Autobahn-Strecke muss schon durch ganz Europa führen, bevor der 7er-Fahrer vom Komfort-Thron niederblickt und sich lächelnd darüber amüsiert, wie der 6er-Fahrer recht verkrampft aus dem Wagen stolpert. Das M6 GC ist also ein Extrem-Allrounder. Einseitige Kritik prasselt an ihm ab, denn er punktet mit dem riesigen Gesamtpaket, das viele Eigenschaften sich ausschließender Fahrzeugtypen in sich verschmilzt!
Er hat einen beängstigend monströsen Vorwärtsdrang und spielt mit diesem unglaublichen Motor in der Liga hochkarätiger Sportwagen mit. Er hat eine Querdynamik, die zumindest ein SLS-Fahrer noch akzeptiert. Seine Optik befriedigt Menschen, die eine sportlich dynamische Linienführung als wichtiges Kriterium erachten. Es passen 3 Männer und zwei Frauen hinein und der Kofferraum ist ausreichend groß. Das extrovertierte Power-„Schummel-Coupe“ fällt klar auf und will auffallen. Das "Hier bin ich und schaut mich an" unterscheidet ihn von seinem Bruder M5, der natürlich sonst quasi gleiche Eigenschaften hat. Das M6 GC unterscheidet sich aber vom 520d mit Buchhalterausstattung viel deutlicher als der M5.

Und was sage nun speziell ich als Ex-Hybrid-Pionier und leidenschaftlicher 7er-Faher dazu?

Hmm!.....Es fehlt vieles! Der Sitzkomfort, das Raumgefühl, der säuselnde und ausgeglichene V8, die komfortable Entkopplung von der Straße, das angenehmere Ein- und vor allem Aussteigen, die Doppelverglasung, die mich vor dem Stress der Umwelt schützt, das dynamische Schweben und das Abtauchen in das Reich der dekadenten Relaxation und des Genusses der Leichtigkeit des gewichtigen Seins aus der Vogelperspektive. Ein 7er ist eben ein 7er. Eben der dynamische Fels in der Brandung. Nicht erklärungsbedürftig, eine Klasse für sich, einer der eine eigene Klasse ist.

Und warum hab ich dann solch ein zweifelhaftes Auto erwählt?

Wenn ich einsteige, mache ich erst die Tür zu, nachdem ich den Motor gestartet habe! Denn was da akustisch die ersten 20 Sekunden ertönt ist liebevoll gewürzter Ohrenschmaus. Dank Surround-View rangiert sich der, gegenüber dem 7er deutlich unübersichtlichere Wagen, nach etwas Eingewöhnung, völlig normal. Auch an den gefühlt noch größeren Wendekreis gegenüber meinem 7er, der ja bekanntlich KEINE Aktivlenkung hat, gewöhnt man sich, muss man ja auch, will man sich das herrliche Spoilerkleid nicht lädieren. Einmal Fahrt aufgenommen, wird einem auch klar, dass plötzlich alle Straßen an Ebenheit verloren haben.

Tja, jetzt endlich kommt’s!

Die Diva macht wahnsinnigen und aktiven Spaß. Einfach der Hammer, um es banal zu sagen. Den Slogan „Freude am Fahren“ erfüllt das M6 Gran Coupe zu 101%!

Die angenehmen und tiefen Sitze und das formschöne hochwertige Interieur vermitteln das Gefühl in einem Starfighter-Cockpit in Vollleder Ausstattung den Horizont zu jagen. Ich erwische mich ständig zwischen den Modi zu wechseln, um Dr. Jekyll und Mr. Hyde gleichermaßen zu genießen. Die Lenkung hat ein tolles Feedback, auch wenn durch die Winterräder der Vortrieb auf nasser Fahrbahn beim beherzten Gasgeben durch das DSC kastriert wird, empfinde ich das Lenkgefühl mit einem Hecktriebler artgerechter als die zu spürende Sperrigkeit im Lenkrad mit einem Allradler. Aber jetzt bitte nicht das ewige Thema aufrufen. Natürlich hat X-Drive den riesigen Vorteil, die Leistung solcher PS-Monster überhaupt auf die Straße zu bringen. Aber auch Nachteile sind ebenso bekannt. Da ich zu 90% Autobahn fahre und den Rest im Stadtverkehr verbringe und im Flachland lebe, ist Allrad kein besonderes Kriterium für mich. (Ich gehöre eher zu der Fraktion, die den 911er mit Heckantrieb bestellen würde)

Das Einlenken von Autobahnabfahrten ist ein Genuss für den Allerwertesten. Dynamic Drive hatte ich ja nie, jetzt weiß ich, was damit gemeint ist. Hier liegt aber die Betonung noch viel mehr bei „Dynamic“ und „Drive“ als beim 7er. Im Sport-Modus blitzt einen der Drehzahlmesser im HUD an und mahnt im manuellen Modus an, wann korrekt zu schalten ist. Der Motor dreht hoch wie ein Saugmotor und hat den linearen Wumms der Turbos ständig dabei.
In höheren Drehzahlregionen dupliziert sich das ganze in tösende und monströse Leistungentfaltungen, die einem den Atem stocken lassen. Das Ding zu beherrschen ist gleichermaßen kinderleicht und brandgefährlich!

Meist fahre ich im „Kuschel-Modus“. Lenkung, Fahrwerk und Motorcharakteristik auf „Comfort“ und die Einstellung des Automatik-Modus auf „comfortables“ Schalten.
Da ihr mit Sicherheit jetzt wissen wollt, wie hier der Unterschied zum 7er ist, möchte ich dennoch versuchen, etwas zu vergleichen, was nicht vergleichbar ist.
Der M6-„Kuschelmodus „ist gefühlt etwa so wie ein nicht vorhandener sportlicher SportPlus-Modus im 7er. Bitte mich nicht auf diese Formulierung festnageln. Anders kann ich es nicht präziser beschreiben.
Falls jemand fragen sollte, ob ich es bereue: Ein klares NEIN
Fragt jemand, ob der nächste Wagen wieder ein 7er sein könnte, ein klares JA

So, nu is gut, Braunschweig hat zwar leider wieder verloren, aber mein Gewinner steht in der Garage und wartet darauf, dass ich ihn morgen wieder zum Leben erwecke. ...In der Garage bei geöffneter Starfighter-Tür ....das beste Frühstück überhaupt!

Liebe Grüße,

BMA