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Kategorie: Mercedes Koop 26.02.2009
Kommentar zur möglichen Kooperation zwischen BMW und Mercedes: Not macht erfinderisch
Ach, wenn sie doch geschwiegen hätten. Kooperationen zwischen
Automobilherstellern sind doch längst nichts Besonderes mehr. Da werden ganze
Plattformen, Motoren, Antriebsarten gemeinsam entwickelt und niemand hat etwas
dagegen, solange die Erwartungen des Käufers und die Leistungen des Autos zur
Marke passen und man den Käufer der Zukunft die Gemeinsamkeiten nicht tagtäglich
unter die Nase reibt. Warum also nun diese Debatte um Daimler und BMW?
Wir erinnern uns noch an die unglücklichen Konsequenzen der Diskussion über
die Plattformstrategie. Damals wollte man die Aktionäre erfreuen, setzte sich
aber gleichzeitig der Kritik der Fachwelt und der Käufer aus, weil eine Reihe
sehr ähnlicher Fahrzeuge folgte, zum Beispiel der Seat Arosa und der VW Lupo.
Heute rollen die BMW Mini mit Motoren vom französischen Hersteller PSA Peugeot
Citroen vom Band. Man weiß es, und keiner stört sich daran, solange das
Gesamtprodukt stimmt. BMW hat allerdings darauf verzichtet, die PSA-Motoren
durch eigene Kommunikation zu adeln.
Im
vergangenen Jahr schon war zu hören, dass Daimler und BMW gemeinsam an einer
Plattform für einen Kleinwagen arbeiten wollten. Das scheiterte ebenso wie die
Überlegung, Zwölf-Zylinder-Motoren in Zukunft gemeinsam zu entwickeln.
Vielleicht war beides zu weit gesprungen für zwei Marken, die sich mit Fahrwerk
und Motoren gegen einander profilieren.
Aber Not macht bekanntlich erfinderisch. Deswegen blicken beide Unternehmen
jetzt wohl auf Kooperationen, die nicht an die Kernkompetenzen der Marken
rühren. Und da gibt es Vieles. Eine konzernübergreifende Gleichteile-Strategie
ist möglich. Dazu müssten die Verantwortlichen in Stuttgart und München nur
einmal mit ihren strategischen Zuliefern reden. Die leiden darunter, dass sie
viele Teile doppelt entwickeln oder doch zumindest anpassen müssen. Deswegen
haben die sicher auch Ideen, wie die beiden Premiummarken in das
Zulieferer-Regal greifen können und dennoch unverwechselbar bleiben.
Mehr als ein Drittel der Wertschöpfung bei einem Automobil beruht heute auf
Elektronik und Software, bei den großen Modellen mehr als bei den kleinen. Hier
spielen die Zulieferer eine dominante Rolle. Denn sie verfügen über die
„Stellschraube“ Software, mit der man Produkteigenschaften einstellen kann. Ein
Beispiel dafür aus der Geschichte beider Häuser: In den Anfangstagen der ESP
hatten beide eine unterschiedliche Philosophie zum Ansprechverhalten des
Schleuderverhinderers. Mercedes-Benz wollte aus „pädagogischen“ Erwägungen
heraus einen harten Eingriff, um den Fahrer vom Überreizen zurückzuhalten. BMW
wollte es sanfter. Beides wurde vom selben Zulieferer über die ESP-Software
eingestellt.
Wenn die Hersteller ihren Zulieferern es dann auch noch ersparten, jeweils
eigene Prozesse bei der Entwicklung, Abnahme und Produktionsüberwachung zu
fahren, dann würde das die Kosten auf beiden Seiten senken. Zusätzlich wären
wegen der größeren Stückzahlen auch bessere Preise möglich.
Das setzt große und leistungsfähige Zulieferer voraus, die weltweit anbieten
können. Ein Bosch kann das. Andere sind in ihrem Spezialgebiet ebenfalls stark
genug. Und dennoch werden die neuen Kooperation in der Automobilindustrie die
großen Zulieferer stärken oder zu neuen Zulieferer-Zusammenschlüssen führen.
Womit wir wieder einmal beim geplanten deutschen Großzulieferer
Schaeffler-Continental wären.
Quelle: von Peter Schwerdtmann, auto-reporter
weitere Meldungen aus den Vorjahren:
Gastkommentar:
Hintergrund BMW - Fehlzündungen im „Vierzylinder“
(News vom 28.08.2008)
Kommentar zur
aktuellen Tempolimit-Diskussion
(News vom 28.12.2006)
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