10.03.2007
Gastkommentar: Klimadiskussion am Genfer See
Daimler-Chrysler-Chef Dieter Zetsche brachte die Erkenntnis auf den Punkt:
Man habe, sagte er sinngemäß, in der Kommunikation der Umweltverträglichkeit der
eigenen Produkte nicht genug getan. Er lobte die Kommunikationsstrategie von
Toyota, deren Hybridantrieb in aller Munde sei. VDA-Präsident Bernd Gottschalk
machte deutlich, dass "die deutschen Automobilhersteller mit ihrem gesamten
CO2-Flottendurchschnitt in der EU besser sind als Japaner und Koreaner". Und in
der Oberklasse hätten die Premiumhersteller Überproportionales geleistet. Er
warnt aber auch vor hektischem Aktionismus, der weltweit nichts bringe. Die
Industrie sei bereit, sich ehrgeizigen Zielen in der Klimapolitik zu stellen,
"dass wir auch weiterhin als automobile Nation bei der Entwicklung
klimafreundlicher Fahrzeuge die Nase vorn behalten". Beide haben recht.
Die aufgebrandete Diskussion um den Klimaschutz hat die Autoindustrie in
Europa in ihrer Heftigkeit überrascht. Allerdings ist die Hitzigkeit der Debatte
nur in Deutschland zu spüren. Im Gespräch mit italienischen, französischen und
Schweizer Journalisten, mit Amerikanern und Engländern wurde in Genf deutlich,
"dass die Deutschen mal wieder maßlos übertreiben". Ein Amerikaner äußerte: "Im
Vergleich zu vielen US-Autos sind selbst die starken deutschen Luxuswagen in
Sachen Benzinkonsum die reinsten Sparwunder." Alles ist eben relativ.
Was die deutsche Politik bislang nicht verstanden hat, ist die Tatsache, dass
die deutschen Hersteller schon bisher alle Anstrengungen unternommen haben, den
Verbrauch ihrer Produkte zu reduzieren. Sie hat es bis heute nicht zur Kenntnis
genommen. Wer von den verantwortlichen Politikern würde sich daran erinnern,
dass Volkswagen mit den sparsamen BlueMotion-Fahrzeugen schon vor einem Jahr in
Genf auf der Messe war? Und wenn Umweltminister Gabriel jetzt die Autoindustrie
kritisiert, sie habe nichts getan, muss man schon fragen, warum er im
Aufsichtsrat bei Volkswagen keine entsprechenden Vorschläge gemacht hat, als er
noch Ministerpräsident in Hannover war.
Bei aller Diskussion um eine mögliche Klimaveränderung zeigt sich in Genf
doch auch eines: Die Diskussion klingt zunehmend sachlicher. Auch Autokritiker
können nicht umhin, zuzugeben, dass die deutschen Hersteller ihre Hausaufgaben
gemacht haben und weiter machen werden. Allerdings gibt es auch die
Unverbesserlichen wie Exumweltminister Jürgen Trittin. Sie ignorieren alles, was
ihren Lieblingsfeind Automobil positiver erscheinen lassen könnte. Dass
ausgerechnet jene, die von CO2-Reduktion reden, sich nicht darum geschert haben,
als es um den eigenen Vorteil ging, war schon immer so. Wir erinnern uns:
Trittin und seine Kollegin Künast ließen einst einen Bundeswehr-Jet leer nach
Brasilien fliegen, um dort Umweltschutzprojekte zu besuchen. Sie selbst flogen
mit Lufthansa parallel nach Südamerika. "Spiegel"-Recherchen hatten die beiden
dann bewogen, den leeren Bundeswehr-Jet vor den Kanaren umkehren zu lassen. Und
so wie heute Bundesumweltminister Gabriel populistisch mit dem Zug zu Terminen
fährt und den Audi-A8 mit Chauffeur ans Ziel fahren lässt, um nicht in ein Taxi
steigen zu müssen, so heucheln auch andere, die sich die Umweltschonung auf die
Fahnen geschrieben haben.
Wir sollten den Genfer Autosalon nicht zum "Salon der Umkehr"
hochstilisieren, wie das in einer Zeitung zu lesen war. Denn die Autoindustrie
hat nicht erst vor ein paar Wochen damit begonnen, sparsamere Autos zu
entwickeln. Sie tut das seit mindestens 25 Jahren. Hoffentlich forciert die
Autoindustrie nun ihre Kommunikationsanstrengungen. Denn eines wurde in Genf
überdeutlich: Die Ingenieure haben nicht versagt, aber die
Öffentlichkeitsarbeit. Dass das selbst ein Dieter Zetsche einräumt, ist mehr als
bemerkenswert.
Quelle: entnommen aus der aktuellen Ausgabe des Branchen-Informationsdienstes
PS-Automobilreport / ar vom 10.03.2007
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