Kategorie: Motorrad Messe 28.09.2007
Rede von Peter Müller anlässlich der int. Motorrad Messe „Mondial Du Deux Roues”
- es gilt das gesprochene Wort -
Rede von
Peter Müller,
Leiter Entwicklung und Baureihen BMW Motorrad,
Internationale Motorrad Messe "Mondial Du Deux
Roues"
Paris, 28. September 2007
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
heute möchte ich Ihnen ein ganz besonderes Motorrad, die HP2 Sport, die
Straßenversion unseres Rennboxers vorstellen. Mit dem Einsatz von Prototypen der HP2 Sport bei internationalen
Rennveranstaltungen wollten wir die Wettbewerbsfähigkeit dieses Motorrades
frühzeitig unter Beweis stellen und zeigen zu welcher Performance unser Boxer
fähig ist. Gleichzeitig waren die Renneinsätze auch integraler und wesentlicher Bestandteil
unseres Entwicklungsprozesses.
Peter Müller, Leiter Entwicklung und Baureihen
BMW Motorrad
Entsprechend unserer Definition von HP, steht High Performance für den
sportlichen Leistungsgedanken und die Leistungsfähigkeit des gesamten Fahrzeugs
und nicht primär nur für die maximale Motorleistung.
Und dass ein luftgekühltes Konzept hier an natürliche Grenzen stößt und nicht
die Nennleistung wassergekühlter Motoren erreichen kann, ist ja hinreichend
bekannt.
Deshalb liegt dem Fahrzeug - Serie wie Rennfahrzeug - ein speziell auf den
Einsatzzweck zugeschnittenes Gesamtkonzept zugrunde.
Die Performance wird über die Gesamtauslegung, also Gewicht,
Leistungscharakteristik des Motors in Kombination mit einem hervorragenden
Fahrwerk und perfekten Bremsen erreicht.
Und die Rennplatzierungen in Le Mans und in Oschersleben (ggf. Magny Cours)
haben gezeigt, was in unserem Konzept steckt.
Für die Kunden, die das selber nacherleben möchten, wird es die HP2 Sport, die
straßenzugelassene Version des Rennboxers geben.
Sie wird in einer exklusiven Kleinserie mit nahezu allen hochwertigen
Komponenten, die auch das Rennmotorrad auszeichnen, produziert.
Fünf Features möchte ich besonders hervorheben:
- das selbsttragende Heck aus Kohlefaser
- die Hochleistungs-Bremsanlage mit den radial verschraubten Monoblock-Bremssätteln
- das Dashboard, wie es nur in der MotoGP verwendet wird
- der Schaltassistent
- die neuen DOHC-Zylinderköpfe mit direkter Ventilbetätigung.
Das Heck aus Kohlefaser, in deren selbsttragenden Konstruktion der Fahrersitz
integriert ist,
ist im Serienmotorradbau einzigartig und wird erstmals in dieser Form für die
Serie umgesetzt.
Die gesamte Einheit wiegt lediglich 2,5 kg.
Gegenüber einer herkömmlichen Aluminiumkonstruktion erreichen wir damit eine
Gewichtsreduzierung um 2,1 kg oder 46%.
Die weiteren Fahrwerkskomponenten sind modifizierte Serienkomponenten aus der R
1200 S. Wie der leichte und verwindungssteife Gitterrohrahmen, die
Paraleverschwinge und der weiterentwickelte Telelever.
An beiden Radführungen kommen sehr hochwertige Öhlins-Komponenten zum Einsatz.
Der Telelever hat eine geänderte Anbindung für die radial verschraubten
Bremszangen.
Die Hochleistungs-Monoblock-Bremssättel stammen von der Firma Brembo und sind
mit vier Bremskolben ausgerüstet.
Der Bremsscheibendurchmesser vorne beträgt 320 mm.
Am Hinterrad kommt die Einscheibenbremsanlage aus der R 1200 S mit 265 mm
Durchmesser zum Einsatz.
Als Sonderausstattung ist das leichte Sport ABS aus der R 1200 S lieferbar, das
wir für den sportlichen Einsatzzweck angepasst haben.
Für den Einsatz auf der Rundstrecke kann das ABS ausgeschaltet werden.
Ebenfalls direkt aus dem Rennsport haben wir zwei weitere Features, das
Dashboard und den Schaltassistent, übernommen.
Wir haben uns beim Dashboard für ein Dashboard von 2D-Systems entschieden, also
dem Hersteller, der auch Teams für die MotoGP beliefert.
Neben den üblichen Anzeigen für den Straßenbetrieb liefert es dem Fahrer auf der
Rennstrecke zusätzlich eine Vielzahl von abspeicherbaren Informationen, die zur
nachträglichen Auswertung auslesbar sind.
Der Schaltassistent ermöglicht schnelles Hochschalten ohne Kupplung und nahezu
ohne Zugkraftunterbrechung, indem er für den Schaltvorgang kurzzeitig den
Zündwinkel zurücknimmt und die Einspritzung ausblendet.
Der Schaltassistent kann auch auf eine Schaltumkehrung umgerüstet werden.
Bisher waren die Zylinderköpfe unserer Rennmaschine ein streng gehütetes
Geheimnis.
Erstmals seit den legendären Königswellen-Rennmotoren der RS 54 aus den 50er
Jahren hat mit der HP2 Sport nun ein Boxer wieder einen Zylinderkopf mit zwei
oben liegenden Nockenwellen.
Unsere Konstrukteure haben eine elegante konstruktive Lösung für eine direkte
Ventilbetätigung gefunden.
Die horizontal angeordneten Nockenwellen steuern dazu je ein Einlass- und ein
Auslassventil.
Die Ventilbetätigung erfolgt dabei über die aus der K 1200 S bekannten leichten
und steifen Schlepphebel.
Konisch geschliffene Nocken und eine radiale Ventilanordnung im Zylinderkopf
ermöglichen bei dieser Konstruktion die Optimierung der Ansaugwege unter
Beibehaltung der horizontalen Gasführung im Zylinderkopf.
Der Antrieb beider Nockenwellen erfolgt über eine feingliedrige Kette.
Besonders stolz sind wir, dass wir trotz DOHC-Steuerung die Bauhöhe des
Zylinderkopfes um 10 mm im Vergleich zu den heutigen Boxermotoren reduzieren
konnten.
Der neue Ventiltrieb ermöglicht eine höhere Füllung und eine höhere mechanische
Festigkeit.
Der Boxer dreht somit zuverlässig über 9.000 U/min. Die Grenzdrehzahl liegt bei
9.500 U/min, die Nennleistung wird bei 8.750 U/min erreicht.
Die weiteren Modifikationen am Motor gegenüber den bisherigen 1200er Motoren
betreffen die Kettenführung zu den Zylinderköpfen und die Anpassungen im
Kurbelgehäuse für die größere Motorleistung und die höheren Drehzahlen.
Und aus Gewichtsgründen kommen erstmals in Serie leichte Zylinderkopfhauben aus
Kohlefaser mit austauschbaren Schleifpads zum Einsatz.
Die Motorperipherie, also die digitale Motorelektronik (nicht Datenstand), die
Drosselklappen und die Sauganlage stammen von der R 1200 S.
Der Ansaugschnorchel wurde modifiziert und die Einlasskanäle sind bearbeitet, um
den für die Motorleistung notwendigen Luftdurchsatz erreichen zu können.
Die Krümmer der Abgasanlage werden aus Schräglagen- und Aerodynamikgründen unter
der Ölwanne verlegt.
Der Endschalldämpfer wurde optisch in das selbsttragende Karbonheck integriert.
Die Abgasanlage wurde mit einem Klappensystem versehen, um so die Leistung und
den Sound zu optimieren.
Selbstverständlich ist auch die Auspuffanlage der HP2 Sport mit einem
Dreiwege-Katalysator ausgerüstet und unterbietet klar die gesetzlichen EU-3
Grenzwerte.
Die Motorleistung des Serienmotorrades beträgt 98KW bzw. 133PS.
Ein Wert, der die notwendige Performance sicherstellt, ohne dass an die
Zuverlässigkeit des luftgekühlten Triebwerks Abstriche gemacht werden mussten.
Meine Damen und Herren,
die Zeit reicht leider nicht aus, um auf die vielen
weiteren, feinen Detaillösungen, an diesem Motorrad einzugehen.
Erwähnen möchte ich nur noch die gefräste Gabelbrücke, die verstellbaren
Lenkerstummel, sowie die gefrästen und verstellbaren Fußrasten, sowie die extrem
leichte Verkleidung komplett aus Kohlefaser-Werkstoff.
Nehmen Sie sich anschließend die Zeit, das Motorrad aus allernächster Nähe und
im Detail anzuschauen.
Für Fragen stehen wir Ihnen selbstverständlich zur Verfügung.
Bevor Sie sich aber der HP2 Sport zuwenden, möchten wir noch eine wichtige
Ankündigung zu den zukünftigen Straßenrennsportaktivitäten von BMW Motorrad
machen.
Hierzu wurde ja schon von Ihnen im Vorfeld viel spekuliert.
In 2008 werden wir mit unserer HP2 Sport an weiteren Endurance Klassikern
teilnehmen.
Ab 2009 werden wir dann aber ein neues Kapitel im Straßenrennsport für BMW
Motorrad aufschlagen.
BMW Motorrad wird in 2009 mit einem eigenen Team in die World Super Bike
einsteigen.
Über weitere Details wie Motorradkonzept und Teamstruktur werden wir Sie zu
einem späteren Zeitpunkt informieren.
Quelle: BMW Presse Mitteilung vom 28.09.2007
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