Verloren im Tarif-Dschungel
Oh Handy, du Wunderwerk der modernen Telekommunikation, jetzt vernetzt du die Welt zum kleinsten Preis. Das verspricht mir T-Mobile unter dem Blätterdach des tropischen Tarif-Dschungels. Aus dem düsteren Dämmerlicht des Zahlen-Dickichts führt mich der Konzernriese zum Platz an der Sonne, zum Minutenpaket. Nur ein paar Euro zahle ich für Tausende von Freiminuten. Allerdings darf ich nur noch Freunde mit dem gleichen Tarif haben, sonst wird es teuer. Karl telefoniert mit Vodafone. Ich konnte Karl sowieso nie leiden. Außerdem hat Karl einen Konfessions-Tarif. Der gilt für Katholiken, die am Sonntag zwischen 9 und 10 Uhr dreimal die sechs vor der Rufnummer wählen.
In einem Werbespot, in dem Luftblasen zum blauen Werbehimmel aufsteigen, erklärt mir Franz Beckenbauer das Wort "Home-Zone". Vielleicht gibt es ja bald von E-plus den "Hochzeits-Tarif". Damit können Kunden unter zwölf Jahren mit ihrem Ehepartner für nur 4 Cent telefonieren. Aber nur, wenn sie schon Kinder haben. Und am Senioren-Samstag von mobilcom telefonieren alle Pensionäre mit Erbschaftserwartung für nur zwei Cent die Minute. Allerdings müssen sie ihr Handy vor einem Gespräch mit der Wireless-Web-Function belegen und sich am Terminal-Adapter des TCP/IP Servers mit ihrer Hausnummer anmelden. Klingt kompliziert, muss es aber nicht sein.
Mein früherer Nachbar hat es sich ganz einfach gemacht und das Zahl-Nur-Einmal-Paket von Debitel gekauft. Nur hat er nicht auf den Preis geachtet.
Neulich habe ich ihn wieder besucht, unter der roten Brücke am Kanal. Da ist jetzt seine "Home-Zone", wie ich von Herrn Beckenbauer gelernt habe. Endlich kann er mich jederzeit für null Cent die Minute erreichen. An jedem Ort. In jedem Netz. Und dazu gab's noch zwei Freiminuten für die Service-Hotline. Allerdings nur an ungeraden Feiertagen, an denen sich eine totale Sonnenfinsternis über Deutschland ereignet.
von Christian Opel.
MfG
Axel
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