Lieber Herr B., lieber Herr G.,
haben Sie herzlichen Dank für Ihr freundliches Schreiben.
Ist es tatsächlich wahr? Liegt mein letzter Besuch in der Mutter aller Niederlassungen, der BMW Niederlassung München am Frankfurter Ring, schon zwei lange Jahre zurück?
Ich muss gestehen, es kommt mir vor, als hätte ich gerade noch vorgestern auf Matthias Platz genommen. Ich muss vorwegschicken, dass ich bei meinen häufigen Aufenthalten in Ihrem Hause schon recht früh alle Besucherstühle mit Vornamen kannte. Während meiner Wartezeiten studierte ich in aller Regel den ausliegenden Prospekt "Zubehör für Ihren BMW" und ließ im Anschluss meinen Blick um die Laufschriftbandsäule zur Linken, die mir Wertschätzung und Hochachtung versprach und den Flachbildfernseher zur Rechten, auf welchem ausschließlich n-tv lief, kreisen. Von der Möglichkeit, mir am Counter ein Alternativprogramm einstellen zu lassen, nahm ich freilich nie Gebrauch. Zu sehr durchdacht, bis in's kleinste Detail ausgefeilt erschien mir dieses Kleinod zeitgenössischer Kunst. Jede noch so minimale Irritation hätte dieses fragile Gebilde womöglich unwiederbringlich zum Einsturz gebracht.
Es gab Momente, in denen sich meine Blicke für keinen der angebotenen Gegestände entscheiden konnten und wahllos zwischen Säule, Flachbildschirm, dem auf der gegenüberliegenden Seite postierten Fahrsimulationsstand und dem kleinen Flur zu den immer gut besuchten Örtlichkeiten umhersprangen. Gepaart mit der schummerigen Beleuchtung und der ganz eigenen, nicht in Worten fassbare Atmosphäre, die der heimelige Souterrainbereich der KD-Annahme mit sich bringt, erlebte ich so die intensivsten Momente meines augenblicklichen Lebensabschnitts.
Doch halt, was lese ich da?
BMW 740iA?
Den hab' ich doch schon lange nicht mehr. Erheblich länger, als zwei Jahre, nebenbei bemerkt.
Aber das konnten Sie natürlich nicht wissen. Die Tatsache, dass ich mit meinem direkten Nachfolgefahrzeug quasi übergangslos Dauergast in Ihrer Reparaturwerkstatt war, lässt ja nun wirklich keinen Schluss auf den Verbleib meines 40er Benziner zu. Ich wette, weit über 95 Prozent aller E65 Fahrer behalten ihren E38 als Zweitfahrzeug. Sei es als mahnendes Beispiel, sei es als Liebeslaube für den Vorgarten oder sei es einfach nur zum Abgewöhnen.
Zudem dürften Sie weit mehr als nur
einen Kunden namens Ulrich Sing haben. Ein Allerweltsname eben. Sicherlich geht die Zahl in die Dutzende, nicht wenige davon fahren E38 und wer ahnt schon, wie viele von ihnen in der Ingolstädter Straße Nr. 38 wohnen?
Ihre Kollegen von der Automag schienen diese prophetische Gabe zwar bessen zu haben, gleichwohl sind sie ja nun mittlerweile leider pleite...
Sei es, wie es ist, dann kreuze ich wohl im beiliegenden Fragebogen den Punkt "Ich habe mein Fahrzeug zwischenzeitlich verkauft." an und schicke ihn umgehend an Sie zurück.
Ärgerlich, ärgerlich, wenn ich lese, dass ich gegen Vorlage dieses Schreibens einen kostenlosen Sicherheitscheck erhalten hätte. Der gilt ja dann wohl nicht für mein augenblickliches Fahrzeug, oder? Womöglich ja doch?
Da rufe ich gleich mal in den nächsten Tagen an. 0180 3 3535-03? 9 ct/min? Ich kann mich an eine Zeit erinnern, in der es noch kostenfrei war, mein Geld zu Ihnen zu tragen aber Qualität hat eben ihren Preis und Sicherheit geht schließlich vor. Richtig?
Herzlichst, Ihr Uli Sing.
Danke, dass Sie BMW gewählt haben.