Kategorie: Klassik 25.07.2006
Relaunch einer Ikone
München. Neuer Glanz für eine Architekturlegende: Nach 28 Monaten wird
im August 2006 die Konzernzentrale der BMW Group in München - das Ensemble aus
dem "Vierzylinder", dem BMW Museum, dem Flachbau und Parkhaus - ein zweites Mal
eröffnet. Seit April 2004 wurde das komplette "Innenleben" des 22 Stockwerke
hohen Gebäudes und des Flachbaus ausgetauscht. Die 1500 Mitarbeiter hatten für
diese Zeit ihre Büros in umliegenden Bauten. Mit dem Wiederbezug des
"Vierzylinders" ist das beispiellose Renovierungsverfahren beendet. Das BMW
Museum mit seiner markanten "Schüssel" wird im Sommer 2007 mit neuem Konzept und
in einer anderen Größendimension wiedereröffnet.
BMW
Group Konzernzentrale
Der vom österreichischen Architekturprofessor Karl Schwanzer 1973 erbaute
Verwaltungskomplex war bereits damals innovativ und visionär. "Wer gegen die
Verarmung unserer Existenz ist, muss sich für die Form in der Architektur
entscheiden", so das mutige Plädoyer des Architekten. Seine kühne Bauweise mit
einer Hängekonstruktion machte den "Vierzylinder" zum Meilenstein der
Büroarchitektur: Die Stockwerke wurden per Hydraulik nach oben gehievt und dort
um einen Kern "aufgehängt". Das gesamte Areal wurde1999 unter Denkmalschutz
gestellt. Außen zeitlos modern, bedingten dreißig Jahre nach der Fertigstellung
komplett neue technische Anforderungen den umfassenden Rück- und Umbau im
Inneren. "Allein die Brandschutzanforderungen haben sich in den letzten
Jahrzehnten radikal geändert", erläutert Christa Emmenegger, Architektin und
technische Projektleiterin bei der BMW Group.
Die Generalplanung für die Modernisierung übernahm das renommierte Hamburger
Architekturbüro ASP Schweger Assoziierte Gesamtplanung GmbH, das sich mit
Hochhausbauten (MAINTOWER Frankfurt) und der Sanierung denkmalgeschützter Häuser
(Preußisches Herrenhaus in Berlin als Sitz des Bundesrates) Kompetenz erworben
hat. Beim BMW Group Projekt realisierte man ein zeitgemäßes energie- und
ressourcensparendes Gesamtkonzept. "Schwanzers Entwurf war eine technische
Meisterleistung. Wir haben neu strukturiert und aktualisiert", so Prof. Peter P.
Schweger. "Wir haben die Sanierung in Bezug zur Charakteristik des Baus
gebracht." Bei allen notwendigen Änderungen stand ein behutsamer Umgang mit dem
Erbe des Erbauers für die BMW Group im Vordergrund.
Die Modernisierung war mehr Frischzellenkur als Face-Lifting. Die
denkmalgeschützte Außenfassade aus silbrig schimmernden Aluminiumelementen - in
Osaka gefertigt - blieb unangetastet und wurde nur gereinigt. Innen wurde bis
auf die nackten Betondecken und -böden radikal alles entfernt: Klima- und
Heizungsanlagen, Aufzüge, Inventar und die komplette elektrische
Versorgungstechnik. Eine "Herkules"-Aufgabe: 330.000 Kubikmeter umbauter Raum
und damit eine Bruttonutzfläche von 53.000 Quadratmetern wurden erneuert. 14.000
Tonnen Material wurden umweltgerecht entsorgt. Dafür beauftragte die BMW Group
eigens ein Umwelt-Institut.
Für die Renovierung eines so ausgefallenen Bauwerkes bedurfte es immer wieder
spezieller Lösungen, die nicht "von der Stange" sein konnten. So wurde anhand
eines Referenzgeschosses eine exakte Kalkulation der Lasten errechnet. Jedes
entsorgte Teil wurde gewogen, schließlich musste das Gesamtgewicht unverändert
bleiben. Zu den spannendsten Aufgaben in 28 Monaten voll "kreativer
Herausforderung", so Christa Emmenegger, zählte die Verkleidung der
Trägerkonsole auf dem Dach des "Vierzylinders". Um die vier stahlarmierten
Hängeköpfe aus Beton, das Herzstück der Tragwerkkonstruktion, vor
Witterungseinflüssen zu schützen, wurden sie mit gebogenen Aluminiumschalen
ummantelt. Die österreichischen Hersteller bauten für die Produktion dieser
Spezialkonstruktion nicht nur eine eigene Werkshalle, sondern entwickelten auch
einen besonderen Schweißroboter. Ein 158 Meter hoher Auslegekran hievte die
Einzelteile dann auf das 99,5 Meter hohe Dach.
Alle 2.302 Fenster wurden in der BMW Group Konzernzentrale im BMW Hochhaus
ausgetauscht. Jedes dritte Fenster lässt sich in allen Etagen per Automatik
öffnen. Die Möglichkeit Fenster zu öffnen, stand in den 70er Jahren nicht zur
Debatte, als große Klima-Anlagen das Non-Plus-Ultra waren. Die aus
Denkmalschutzgründen innen angebrachten Jalousien reagieren in Kombination mit
dem Tageslicht und den Witterungsverhältnissen. Sie werden von einem
"Jahres-Verschattungs-Programm" elektronisch gesteuert - wie zahlreiche andere
Bauteile in diesem Renovierungsprojekt ein eigens für die BMW Group entwickeltes
Produkt.
BMW
Group, Konzernzentrale München Modernisierung - neues Bürodesign 3
Das Arbeiten in kreisrunden Räumen mit kurzen Wegen, von Schwanzer wegweisend
entwickelt, blieb ebenso erhalten wie das Prinzip der Gruppenräume. Doch wurden
Funktionsabläufe optimiert und Arbeitsabläufe effizienter gestaltet. Transparenz
war das Credo bei der gesamten Neugestaltung. Dem zeitgemäßen Design der
Büro-Möblierung entspricht eine konsequent durchgehaltene Farbgebung: Weiß und
subtile Abstufungen eleganten Graus. Ästethik, Dynamik und technische Perfektion
- die Corporate Identity der Marke BMW - spiegelt sich nun auch im Innenleben
der Konzernzentrale kongenial wider.
Für die 28 monatige Modernisierung beauftragte die BMW Group insgesamt 130
Firmen. Der komplette Wiederbezug der Konzernzentrale der BMW Group im BMW
Hochhaus ist für Mitte August 2006 geplant.
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