Kategorie: Wirtschaft 17.05.2009
Gastkommentar: BMW-Chef Reithofer blickt positiv nach vorn
Für die Aktionäre auf der BMW-Hauptversammlung dürfte der von Vorstandschef
Reithofer in seiner Rede vermittelte Optimismus das positive Signal Richtung
Zukunft gewesen sein, auf das alle warten. Ohne die Realität schönzureden,
zeichnete Reithofer ein optimistisches Szenario für die Zukunft. Und er
vermittelte mit seinen Ausführungen subtil auch die Erkenntnis, dass die
Mitarbeiter und die Kunden genug haben von Schwarzmalerei und industrieller
Endzeitstimmung.
Ob der BMW-Chef in optimistischem Realismus machte oder in realistischem
Optimismus, spielt keine Rolle. Wichtig war die vermittelte Botschaft: Die
Zeiten sind hart, aber wir werden gestärkt daraus hervorgehen. Es geht auch mal
wieder aufwärts. Und für BMW hat mit dem vorzeitigen Ende der Kurzarbeit im Werk
Regensburg der Horizont wieder einen Silberstreif.
Genau das sind die Signale, auf die wir jeden Tag hoffen. Dabei hat Norbert
Reithofer aber auch ganz konkret begründet, warum BMW seiner Überzeugung nach
auch in Krisenzeiten ein starkes Unternehmen ist: „Unser Geschäftsfeld ist die
individuelle Mobilität im Premiumbereich.“ Dieses Segment werde auch in Zukunft
wachsen, ist Reithofer überzeugt. BMW lasse sich in seiner langfristigen
Strategie nicht verunsichern. „Wir denken nicht von Quartal zu Quartal.“ BMW
übernehme auch gesellschaftliche Verantwortung. Dabei sieht Reithofer
interessante Assoziationen: „Unser Geschäft ist Premium. Und Premium ist (auch)
Verantwortung. Wir tragen so auch dazu bei, dass die Menschen verloren
gegangenes Vertrauen in die freie Marktwirtschaft und deren Akteure wieder
zurückgewinnen.“
Dabei erinnerte Reithofer auch daran, dass BMW schon viele Krisen gemeistert
habe: von der Fast-Pleite vor 50 Jahren, der ersten Ölkrise 1973 („Völlig gegen
den Trend haben wir das Werk Dingolfing eröffnet.“) und der schweren
Absatzschwäche 1992/93 bis zum Verkauf von Rover im Jahr 2000. Ohne dass er es
sagen musste, schwang die Überzeugung mit, dass BMW aus jeder Krise tatsächlich
stärker hervorgegangen ist. Jetzt komme es auf zwei Dinge an: „Erstens: Wir
steuern besonnen und mit Augenmaß durch die schwierige Zeit. Wir halten das Heft
des Handelns in der Hand. Zweitens: Wir investieren weiter in neue Produkte und
Technologien für die Mobilität von morgen.“
Kein Hersteller im Premiumsegment habe 2008 mehr Fahrzeuge verkauft als die BMW
Group mit 1,43 Millionen. „Unseren Anteil am weltweiten Premiumsegment haben wir
auf über 25 Prozent erhöht.“ Immer wieder klatschten die Aktionäre Beifall.
Sogar dann, als Reithofer mit gewählten Worten plausibel machte, dass die
Dividende mit 30 Cent pro Stammaktie deutlich geringer ist als im Jahr zuvor.
Alles eben eine Frage der Argumentation. „Die Aktionäre kriegen weniger. Aber
auch die Führungskräfte und Mitarbeiter haben 2008 weniger Geld bekommen, obwohl
sie viel geleistet haben.“
Einerseits musste Reithofer bedauern, dass ein Personalabbau um 7.500 Stellen
notwendig geworden war, alle Bereiche verschlankt werden mussten. „Die
Personalkosten werden dadurch künftig um 500 Millionen Euro pro Jahr sinken.“
Allerdings schaffe BMW auch neue Arbeitsplätze: vor allem für Ingenieure; 2008
immerhin 226. Auch in diesem Jahr werde man einige hundert neue Mitarbeiter
suchen. Punkten konnte Reithofer in seiner Rede auch mit dieser Mitteilung: „Zum
Ende des Jahres 2008 haben wir 4.102 Auszubildende beschäftigt, die meisten
davon in Deutschland. Unsere Ausbildungsquote liegt bei über fünf Prozent. 2009
stellen wir wieder rund 1100 jungen Leuten einen Ausbildungsplatz zur
Verfügung.“ Dies verstehe man bei BMW auch als gesellschaftliche Verantwortung.
Kein Aktionär, der da nicht geklatscht hätte.
Zur Gegenwart und Zukunft: In den ersten drei Monaten des Jahres ist der Absatz
um 21 Prozent zurückgegangen. „Damit schneiden wir besser ab als das
Premiumsegment.“ Trotzdem fahre BMW weiter auf Sicht. „Es gibt noch keine
Entwarnung.“ Aber selbst dieser Satz klang eher optimistisch als negativ. Selbst
dem schwierigen US-Markt kann Reithofer Positives abgewinnen: „Zum ersten Mal
haben wir im ersten Quartal 2009 mehr BMW-Fahrzeuge in den USA verkauft als
Lexus. BMW ist die meistverkaufte Premiummarke in den USA.“
Ein paar Seitenhiebe auf den Wettbewerb konnte sich der BMW-Chef nicht
verkneifen. Er sagte, „wir nutzen die Wirtschaftskrise, um Ihr Unternehmen fit
zu machen für die Aufschwungphase. Dann trennt sich die Spreu vom Weizen. Dann
zeigt sich, wer seine Hausaufgaben erledigt hat oder wer mit sich selbst
beschäftigt war“. Er sei überzeugt, dass die Nachfrage nach Premiumfahrzeugen
wieder zulegen werde.
Es gelte aber, den Begriff Premium stellenweise neu zu definieren. Premium sei
nachhaltig, effizient, innovativ, Design und – Zukunft. In allen Kriterien habe
BMW viel geleistet. „Kein anderer Hersteller hat den CO2-Ausstoß seiner Flotte
stärker reduziert als die BMW Group“, betonte deren Chef. In Deutschland kämen
BMW und MINI auf einen Wert von durchschnittlich 165 g/km. Der BMW-Flottenwert
liege unter den Werten der größten deutschen Volumenmarke. „Und er liegt
gleichauf mit Herstellern, die überwiegend Kleinwagen produzieren.“
BMW habe die freiwillige Selbstverpflichtung des europäischen Automobilverbandes
ACEA erfüllt und die Emissionen bis zum Jahr 2008 sogar um mehr als 25 Prozent
gesenkt. „Auch die neuen Ziele ab 2012 und 2015 werden wir erreichen.“ BMW werde
keine Strafzahlungen nach Brüssel überweisen müssen.
(Entnommen aus der aktuellen Ausgabe des Branchen-Informationsdienstes
„PS-Automobilreport“)
Quelle: von Hans-U. Wirsch, Auto-Reporter vom 17.05.2009
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