Kategorie: Motorrad 06.11.2018
Die neue BMW S 1000 RR. Fahrwerk.
„Das Hauptziel beim neuen RR-Fahrwerk war es, eine weiter
gesteigerte Fahrdynamik bei einer deutlichen Gewichtsreduzierung
gegenüber dem Vorgänger zu entwickeln. Mit dem neuen
Hauptrahmen, der den Motor nun noch stärker als bisher tragend
integriert, und vielen Detailoptimierungen, konnten wir diesen
hohen Anspruch umsetzen.“ Marcus Mund, Projektingenieur Fahrwerk
Die Neuentwicklung der legendären RR spiegelt sich nicht nur in der neuen
und auf höchste Performance ausgelegten Antriebstechnik wider. Vielmehr
resultiert die überragende Fahrdynamik zu einem ganz wesentlichen Teil auch
aus dem komplett neu konstruierten Fahrwerk. Dabei kommt dem optimalen
Zusammenspiel von Rahmenkonstruktion und Motor als tragendem Element
eine Schlüsselfunktion zu. Dieses Zusammenspiel stand bei der Entwicklung
der neuen RR im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes klar im Fokus.
Neuer, deutlich leichterer „Flex Frame“-Rahmen, der den Motor
stärker mittragend in den Rahmen integriert.
BMW S 1000 RR neuer Flex Frame
Herzstück des Fahrwerks der neuen RR bildet nach wie vor ein aus Aluminium
gefertigter Brückenrahmen, dessen Layout gegenüber dem Vorgänger jedoch
drastisch geändert wurde. Nach wie vor ist der Hauptrahmen als
Schweißkonstruktion aus vier im Kokillengussverfahren gefertigten Elementen
ausgeführt und integriert den wie bisher um 32 Grad nach vorn geneigten
Motor nun noch stärker als bisher als mittragendes Element.
Mit dem Ziel einer signifikanten Gewichtsreduzierung wurden die beiden
Rahmenoberzüge, die Lenkkopfpartie sowie die Motoraufnahmen jedoch so
gestaltet, dass dem Motor der neuen RR nun eine wesentlich stärkere
tragende Funktion als bisher zukommt.
Diesem erhöhten Anteil des Triebwerks innerhalb des Fahrwerksverbundes
ist die Gewichtseinsparung am Rahmen von rund 1,3 kg geschuldet.
Maßgabe bei der Konstruktion des neuen Hauptrahmens war es zudem, die
Krafteinleitung in die Motorstruktur direkt und auf kürzest möglichen Wegen
zu realisieren. Neu und nochmals leichter fällt auch der zierliche Heckrahmen
der neuen RR aus Aluminium-Rundrohren aus.
Zudem wurde der Gesamtverbund aus Hauptrahmen, Heckrahmen und
Schwinge hinsichtlich eines optimalen Wechselspiels aus Steifigkeit und
Flexibilität neu berechnet, daher auch die Bezeichnung Flex Frame. Weitere
Vorteile bietet der neue Rahmen aufgrund seiner sehr schmalen Gestaltung.
Dadurch reduziert sich die Fahrzeugbreite im Bereich des für guten
Knieschluss relevanten Teils um 13 bis 30 mm. Damit gelang es, die neue RR
in diesem Bereich nur um circa 20 mm breiter als ein V4-Konzept bauen zu
lassen. Der Fahrer profitiert nun von einer deutlich geringeren Spreizung
seiner Oberschenkel und damit von einer entspannteren Fahrhaltung. Weitere
ergonomische Vorteile resultieren aus dem neu entwickelten und nun einteilig
mit der Gabelbrücke verbundenen Lenker. Dieser wurde vor allem im Hinblick
auf Pfeilung und Kröpfung optimiert. Für den Renneinsatz ist die Montage
herkömmlicher Stummellenker möglich. Weitere Änderungen im Bereich der
Sitz- und Heckpartie gewähren dem Fahrer ebenfalls ergonomische
Optimierungen, insbesondere mehr Bewegungsfreiheit bei sportlicher
Fahrweise.
Neue Fahrwerksgeometrie für noch besseres Handling,
Fahrpräzision, Traktion und Feedback.
Bei der Fahrwerksentwicklung der neuen RR lauteten die primären
Zielsetzungen, Handlichkeit, Feedback und Fahrpräzision weiter zu steigern
und den mechanischen Grip des Hinterrads zu erhöhen. So wurde der
Lenkkopfwinkel bei entsprechend angepasstem Offset der Gabelbrücken um
0,4° steiler auf nun 66,9° gestellt. Der Nachlauf verringert sich auf 93,9 mm
(vorher 96,5 mm). Gleichzeitig erfolgte eine Verlängerung des Radstands um
9 auf nunmehr 1 441 mm. Die Länge der neuen, einteiligen
Hinterradschwinge mit Unterzügen beträgt 606,6 mm.
Mit der neuen Fahrwerksgeometrie einher geht auch eine verbesserte, klarere
Rückmeldung sowohl von der Front als auch von der Hinterradführung.
Zudem bietet bietet die neue RR optimierte Handling-Qualitäten und fährt
sich noch präziser und zielgenauer.
Optimierte Radlastverteilung und komplett neu entwickelte
Full Floater Pro Kinematik der Hinterradführung. Neue, einteilige
Hinterradschwinge mit Unterzügen.
BMW S 1000 RR Unterzugschwinge mit Full Floater Pro Kinematik
Die umfangreichen Maßnahmen zur Gewichtsreduzierung schlagen sich in
einem Leergewicht von vollgetankt lediglich 197 kg nieder. Damit ist die neue
RR nicht nur 11 kg leichter als ihre Vorgängerin. Vielmehr wurde auch die
Gewichtsverteilung zu Gunsten optimierter Radlasten geändert. Gegenüber
dem Vorgängermodell konnte die Vorderradlast von 52,3 auf 53,8 % erhöht
werden.
Mit dem Ziel, die Fahrwerksqualitäten weiter zu schärfen, wurde auch Hand
an die Hinterradführung und die Konstruktion der Kinematik zur Anlenkung
des Zentralfederbeins gelegt. So befindet sich das mit vergrößertem
Arbeitshub ausgestattete Federbein nun deutlich weiter von der in einem
Offset-Bereich von +2 bis -2 mm verstellbaren Schwingendrehachse entfernt.
Die Unterzug-Schwinge selbst wurde ebenfalls komplett neu konstruiert und
ist nun als Kokillengussteil aus einem Stück gefertigt. Sie bringt zudem etwa
300 g weniger als bisher auf die Waage.
Ziel dieser gesamten Neukonstruktion war es, das Zentralfederbein so weit
wie möglich vom Motor entfernt zu platzieren und auf diese Weise ein
unerwünschtes Aufheizen durch die Motorabwärme zu unterbinden. Damit
sind ein noch stabileres Temperaturverhalten und in der Folge noch
konstantere Dämpfungskräfte gewährleistet – gerade im High-Performance-
Betrieb auf der Rennstrecke. In Kombination mit der aus dem Rennsport
abgeleiteten Schwinge und deren optimierte Krafteinleitung ergeben sich
zudem signifikante Vorteile für den Hinterradreifen: Mehr Grip und ein
schonender Umgang mit dem Pneu sind die positiven Effekte. Neben einer
signifikanten Verbesserung der Rundenzeit von rund 1 Sekunde gegenüber
dem Vorgängermodell war die Verbesserung der Gesamtzeit über eine
Renndistanz ein weiteres, klar vorgegebenes Ziel.
BMW S 1000 RR
Wie bisher ist das Zentralfederbein mit einstellbarer Federbasis, Dämpfungs-
Zug- und Druckstufe ausgerüstet. Nach wie vor sind die Zug- und Druckstufe
über die sehr anwenderfreundliche Skalierung von zehn Klicks einstellbar. Das
Federbein bietet somit bei den unterschiedlichsten Anforderungen die
perfekte Abstimmungsmöglichkeit, etwa bei kurzen Stößen oder
langgezogenen Bodenwellen. Der Gesamtfederweg an der Hinterachse
beträgt 117 mm (bisher 120 mm).
Die Federbeinübersetzung wurde von 1,9 auf 1,6:1 geändert und dazu der
Hauptkolben am Stoßdämpfer auf 46 mm Durchmesser vergrößert. Beides
erzeugt einen größeren hydraulischen Volumenstrom und deutlich geringere
Arbeitsdrücke. Darüber hinaus ist das Federbein reibungsoptimiert (anodisiert)
und verfügt über eine nasslaufende Kolbenstangenführung und einen per
Teflonband gelagerten Trennkolben. Dies alles wirkt sich positiv auf Komfort
und Performance aus, da das Ansprechverhalten verbessert wird und der
Kraftaufbau im Federbein schnell, präzise und ohne Einfluss von Leckagen
stattfindet.
Vorderradführung über neue, voll einstellbare Upside-down-
Telegabel mit 45 mm Gleitrohrdurchmesser.
Ihre hohen fahrdynamischen Ansprüche erfüllt die neue RR auch im Bereich
der Vorderradführung. Diese übernimmt eine Upside-Down-Gabel mit 45 mm
(bisher 46 mm) Gleitrohrdurchmesser, hoher Bremsstabilität sowie sensiblem
Ansprechverhalten und transparenter Rückmeldung.
Die Upside-Down-Gabel ist mit sogenannten Closed-Cartridge-Einsätzen,
also separaten hydraulischen Kolben-Zylinder-Systemen ausgerüstet und
verfügt über Einstellungsmöglichkeiten für Federbasis sowie Dämpfungs-
Zug- und -Druckstufe. Auch hier bieten das feinfühlige Ansprechverhalten,
der weite Einstellbereich und die sehr hohen Dämpfungsreserven selbst im
Betrieb auf der Rennstrecke ein Höchstmaß an Fahrdynamik und individuellen
Abstimmungsmöglichkeiten. Der Gesamtfederweg beträgt 120 mm. In
Summe fällt die neue Vorderradführung der RR rund 300 g leichter aus als
bisher.
Dynamic Damping Control DDC – die neue Generation der
elektronischen Dämpfungsanpassung als Sonderausstattung.
BMW S 1000 RR DDC Dynamic Damping Control mit neuer Ventilgeneration
Auch die neue RR kann mit dem elektronisch geregelten Fahrwerk Dynamic
Damping Control DDC ausgerüstet werden – jedoch in einer völlig neuen
Generation. Dafür erhielten Federbein und Gabel neue, motorradspezifische
Dämpferventile und wurden neu appliziert.
Die Dämpfung des DDC der neuen Generation wird über konventionelle,
Shim-bestückte Kolben erzeugt. Jedoch wird die maximale Dämpfung bei
Bedarf reduziert. Das DDC-Ventil sitzt im Bypass des Kolbens und kann die
Dämpfungskräfte in Echtzeit optimal aufbauen (Einstellzeit ~10 ms) – ohne
Einbußen in der Rückmeldung.
Der DDC-Dämpferkolben ist mit einem konventionellen mechanischen Shim-
Paket bestückt. Der Ölstrom fließt parallel durch den konventionell
„beshimten“ Kolben (Ø 46 mm) und einen elektrisch einstellbaren Bypass. Ist
das elektrisch bestromte Ventil geschlossen, fließt das Öl nur durch den
konventionellen Kolben. Dies hat den Vorteil, dass die maximale Dämpfung
erzeugt wird. Je nach Fahrmodus und Geschwindigkeit fährt das elektronisch
gesteuerte Ventil auf der entsprechenden Kennlinie. In einer Zeit von 10 ms
wird die Bestromung angepasst und die entsprechende Dämpfung erzeugt.
Grundsätzlich ist die Dämpfung für die Landstraße auf Komfort und Stabilität
ausgelegt. Das DDC Shim-Paket entspricht dem klassischen mechanisch
aufgebauten und bestückten Ventil. Dies hat den Vorteil, dass
Fahrwerksspezialisten das Fahrwerk an die Bedürfnisse der Fahrer anpassen
können.
Die DDC-Dämpfungsventile des Vorgängermodells waren in Serie geschaltet.
Der Volumenstrom floss durch den konventionellen und elektrisch
einstellbaren Dämpfungsanteil. Die konventionelle Dämpfung war die
geringste Dämpfung, die dargestellt werden konnte. Mit dem elektrischen
DDC-Ventil wurde die Dämpfung erhöht. Dies führte aber zu dem bekannten
Nachteil, dass der Kompromiss zwischen Komfort- und hoher Dämpfung
tendenziell zu einer Unterdämpfung und zum Pumpen des Fahrwerks führen
konnte.
Fazit: Das mechanische Ventil des neuen DDC kann auf die maximale
Dämpfung appliziert werden. Der Vorteil für die Rennstrecke ist eine perfekte
Dämpfung. Für die Landstraße kann auf der entsprechend soften
„Dämpfungs-Kennlinie“ geregelt werden. Die nötigen Anpassungen erfolgen
in einer Zeit von ca. 10 ms.
Die Grundeinstellungen der DDC sind mit den Fahrmodi „Rain“, „Road“,
„Dynamic“ und „Race“ verknüpft. Im „Rain“- und „Road“-Modus liegt der
Abstimmungsschwerpunkt der DDC auf einer satten, angenehmen Dämpfung
und lässt sich somit als sportlich-komfortabel bezeichnen. Der Einsatzbereich
dieser DDC-Dämpfungscharakteristik „Straße“ ist vorzugsweise die
Landstraße mit schlechtem bis gutem Asphaltbelag.
BMW S 1000 RR LED Frontlicht
Der Fahrmodus „Dynamic“ hat hingegen sehr gut ausgebaute Landstraßen im
Visier. Hierfür steht die DDC-Dämpfungscharakteristik „Straße dyn.“ zur
Verfügung.
Im Fahrmodus „Race“ wird die Grunddämpfung für den Rennstreckenbetrieb
nochmals angehoben und arbeitet mit der Charakteristik „Track“.
In den Fahrmodi „Race Pro“ unterstützt die individuell einstellbare DDC-Dämpfungscharakteristik „Race“ den Einsatz auf der Rennstrecke hingegen
optimal und stellt eine nochmals sattere und straffere Dämpfereinstellung
bereit. Hier liefern die Feder-Dämpfer-Elemente dem Fahrer über die
jeweilige Fahrsituation jederzeit ein optimales, glasklares Feedback.
Darüber hinaus kann die Fahrwerksabstimmung in allen Fahrmodi auch
individualisiert werden. Analog zu einer mechanischen Verstellung hat der
Kunde die Möglichkeit, das Fahrwerk ganz einfach per „Klick“ im
Konfigurations-Menü weicher oder straffer zu justieren.
Leichte Gussräder, ABS Pro in optimierter Abstimmung und
Dynamischer Bremsasssistent DBC Dynamic Brake Control für
größtmögliche Performance und Sicherheit beim Bremsen.
Mit dem übergeordneten Ziel größtmöglicher Gewichtsreduzierung
entstanden auch die neuen 17-Zoll-Leichtmetallräder der RR. Insgesamt
bringen sie knapp 1,6 kg weniger als die bisherigen Exemplare auf die Waage.
Die reduzierten rotatorischen Massen schlagen sich sowohl in verbessertem
Beschleunigungs- und Bremsverhalten als auch in optimierten
Handlingqualitäten nieder. Im Rahmen der Sonderausstattung sind neben den
Aluminium-Gussrädern auch nochmals leichtere M Schmiederäder und
M Carbonräder erhältlich.
Wie bereits ihre Vorgängerinnen verfügt die neue RR über eine auch auf der
Rennstrecke souverän arbeitende Bremsanlage. Vorne arbeiten zwei radial
angeschlagene Vierkolben-Festsattelzangen in Verbindung mit 320 mmStahlbremsscheiben
mit einer Dicke von 4,5 mm. In Summe bringen die
vorderen Bremsscheiben rund 0,5 kg weniger auf die Waage und leisten
damit einen weiteren wichtigen Beitrag zur Gewichtsreduzierung. Hinten sorgt
ein Einkolben-Schwimmsattel zusammen mit einer 220 mm-
Stahlbremsscheibe für Verzögerung. Das nun serienmäßige ABS Pro der
neuen RR wurde weiterentwickelt und für die einzelnen Fahrmodi verfeinert
beziehungsweise neu abgestimmt.
Sorgten bereits die bisherigen RACE-ABS-Systeme von BMW Motorrad für
ein sehr hohes Maß an Sicherheit beim Bremsen in Geradeausfahrt, geht
ABS Pro noch einen Schritt weiter und bietet auch bei Bremsvorgängen in
Kurven mehr Sicherheit. ABS Pro kann selbst bei schneller Bremsbetätigung
in Schräglage das Blockieren der Räder verhindern und reduziert so
insbesondere bei Schreckbremsungen die Sturzgefahr in Schräglage. In den
Fahrmodi „Race Pro“ ist die ABS-Funktion jeweils fünffach einstellbar und die
ABS Pro-Funktion ist entsprechend daran gekoppelt.
Als Bestandteil der Sonderausstattung „Fahrmodi Pro“ unterstützt der
Dynamische Bremsassistent DBC Dynamic Brake Control den Fahrer
zusätzlich bei Bremsmanövern. DBC bietet mehr Sicherheit beim Bremsen
auch in schwierigen Situationen durch Vermeidung einer unbeabsichtigten
Gasbetätigung. Sobald bei einer Bremsung die Sensorbox einen gewissen
Verzögerungswert liefert, wird ein gleichzeitiger Beschleunigungswunsch des
Fahrers als unplausibel erkannt und ein Öffnen der Drosselklappen
unterbunden. Dadurch bleibt das Motorrad stabil und der Bremsweg wird
verkürzt.
Quelle: BMW Presse Mappe vom 06.11.2018
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