Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 11.12.2020, 21:18   #1
Laarson
Neues Mitglied
 
Benutzerbild von Laarson
 
Registriert seit: 02.05.2016
Ort:
Fahrzeug: E38-750iL (07.96), E23-728i (05.84), Audi A6 50 TDI (21)
Standard Das Schöne mit dem Biest

Hallo liebe Community,

ich habe es getan. Aktuell weiß ich noch nicht so recht, ob ich es bereuen oder ob ich mich freuen soll, dass ich ein wunderschönes Auto mein eigenen nennen darf.
Ich werde jetzt etwas ausholen. Wer zu dem relevanten Teil mit E38 Bezug vorspringen will, möge sich bitte bis zur Zeile mit den *** vorspulen.

Die Vorgeschichte:
Mit 18 wollte ich natürlich ein eigenes Auto. Damals hatte ich überhaupt keine Ahnung und auch kein Interesse an Autos. Ich kann mich noch erinnern, dass ich irgendeine japanische Möhre für 500€ haben wollte, einfach nur um ein eigenes Auto zu besitzen.
Meine Mutter fuhr einst einen W123 und zu dem Zeitpunkt einen fürchterlichen W210, dennoch hatte hier meine Leidenschaft für deutsche Limousinen ihren Anfang genommen. Als ich den W210 eine Weile fuhr, wollte ich dann doch lieber eine deutsche Limousine als eine japanische Möhre. Irgendwie bin ich dann bei BMW gelandet. Was es 2005 von Mercedes auf dem Gebrauchtwagenmarkt gab, war ja eher unsportliche Rentnergrütze.

Zunächst hatte ich einen E30 320i Probe gefahren, der war allerdings etwas ramschig und verbaselt. Kleiner Funfact: Einen 6-Zylinder zu fahren war damals für mich ein krasses Erlebnis, obwohl so ein E30 320i damals ja schon kein besonderes Auto war.
Letztendlich fiel die Wahl auf ein E36 318i Rentnerfahrzeug mit wenig Kilometern, calypsorot metallic und beigem Stoff für ca. 3.500€. Wenig Ausstattung, aber für den Anfang gut. Naja, natürlich war einem das dann irgendwann doch nicht mehr genug. Ich war ständig damit beschäftigt irgendwas umzugestalten, habe mein "Taschengeld" für Tuning-Scheinwerfer etc. ausgegeben.

Irgendwann war mir das nicht mehr genug und ich habe als Student auf einen neuen Wagen gespart. Letztendlich fiel die Wahl 2009 auf einen E39 528i TU, Baujahr 1998 in dunkelblau uni mit beigem Leder. Er hatte gute Ausstattung, war aber leider auch ein bisschen verbaselt, wobei sich das glücklicherweise auf Replica M-Paketstoßfänger beschränkte.
Das Thema 528i ist ein eigenes Topic für sich. Ich hatte das Auto 5 Jahre und habe eine Menge Geld reingesteckt, mindestens noch mal den Anschaffungspreis. Es ging ständig etwas kaputt und auch hier mussten optische "Verbesserungen" und z.B. ein Sportauspuff her. Ich hatte viele schöne Momente mit dem Auto aber auch viele schlaflose Nächte, in denen ich überlegt habe, was am Auto kaputt ist, wie man es reparieren kann und wie ich das jetzt schon wieder zahlen soll.
Irgendwann, als mal wieder knapp 1.000€ investiert werden mussten, um ihn durch den TÜV zu bringen, weil die Bremsschläuche porös waren, landete das Auto auf mobile.de und ging nach mehreren Preissenkungen für 1.500€ nach Polen.
Denn mein neues Auto stand schon in den Startlöchern: Ein VW Golf 7 1.6 TDI Baujahr 2013. Sehr sparsam, sehr zuverlässig, sehr vernünftig. Ein Auto für das Herz wurde durch ein Auto für den Kopf ersetzt.

Glücklicherweise konnte ich zu dem Zeitpunkt schon einen E23 728i Baujahr 1984 mein Eigen nennen, den ich an anderer Stelle noch einmal vorstellen werde und der mich an schönen Sommertagen über meine BMW-Abstinenz hinweg tröstete.
Mit 5 Liter Verbrauch über die Autobahn fahren hat auch was für sich. Zwar war das Auto von der Leistung weit entfernt vom 528i. Aber auch wenn ich noch nie ein Raser war, hat die Entschleunigung und die Zuverlässigkeit sehr sehr gut getan.

Irgendwann saß der Geldbeutel etwas lockerer und nach 3 Jahren ging der Golf an meine Freundin, während ich auf einen Passat B8 2.0 BiTDI Highline umgestiegen bin. Eine schwarze Limousine mit 240PS, Allrad und geiler Ausstattung. Habe ihn immer noch und möchte ihn eigentlich so schnell nicht mehr hergeben.

************************************************** ***

So, nun kommen wir langsam zum eigentlichen Thema. Beruflich hat sich ergeben, dass ich kaum noch das Auto benötige. Außerdem war der Passat steuerlich abgeschrieben und ich brauchte ein neues Geschäftsauto.
Lange habe ich hin und her überlegt, wollte den Passat zurückgeben und mir einen neuen Arteon holen etc. Dann kam kurz die Überlegung, ob ich es noch mal so richtig krachen lassen und mir einen MB CLS 63 AMG Bj. 2010 holen soll. Aber dann kam wieder die Erinnerung an den 15 Jahre alten 528i, der ein Geldgrab war. Dann hat mich meine Leidenschaft für BMWs aus den 90er übermannt. Zunächst dachte ich an einen E39 M5. Da gibt es aktuell leider keine guten Angebote und dafür war der Geldbeutel in Coronazeiten doch etwas zu schmal. Was blieb dann noch übrig?
Nun, ich hatte mir vor einiger Zeit mal vorgenommen die 7er Reihe in meiner Sammlung zu komplettieren, wobei die Sammlung vorerst bei dem E65 aufhört Da es ja dann schon etwas Besonderes sein sollte, habe ich mir ein paar Angebote für einen 750i angeschaut. Vieles war nicht wirklich überzeugend, doch dann habe ich ihn gesehen...

...einen 750iL Bj. 96 in Calypsorot mit beiger Volllederausstattung. Die gleiche Farbe wie mein erstes Auto. Ich mag die Farbe sehr. Und beiger Innenraum ist sowieso mein Favorit. Die Fahrzeughistorie klang auch interessant. Einst ein Pressefahrzeug in den Staaten, dann 22 Jahre in Texas rumgefahren. Rost? Was ist das?
Der Vorbesitzer, ein Händler, der selbst ein großer BMW-Freund ist, hat sehr viel Geld in das Auto gesteckt. Viele Teile neu, neuer Lack (der er beim Transport nach D beschädigt wurde), nur knapp 130.000km auf dem Tacho. Aber ein stattlicher Preis von knapp 19.000€. Ich habe aber auch ein bisschen damit spekuliert, dass das Ganze eine Kapitalanlage sein soll. Ich weiß, etwas hoch gepokert, aber mit dem H-Kennzeichen sollte da schon ein paar Mark Zuwachs drin sein.

Also gute 300km zum Händler gefahren und Probefahrt gemacht. Was soll ich sagen? Motor und Fahrwerk der Hammer. Optisch mit dem nachgerüsteten Shadowline Glanz und den Styling 37 Felgen auch ein Traum. Die Schöne mit dem Biest unter der Haube.
Aber ich war sehr unentschlossen. Das Auto ist 24 Jahre alt mit viel Elektronik, bei dem auch viel kaputt gehen kann. Schmerzliche Erinnerungen an den E39 kamen hoch. Der Verkäufer führte auch noch ein paar kleinere Reparaturen durch.

Letztendlich hat der Gedanke an den Motor und den optischen Zustand die Oberhand gewonnen und ich habe ihn mir geholt. Ich werde das Fahrzeug zwar nächsten Jahr im „warmen Halbjahr“ als Geschäftswagen nutzen und ein paar Kilometer drauffahren. Aber dann soll er sein Dasein als Schönwetterauto neben seinem kleinen Bruder dem E23 fristen. Wobei ich zugeben muss, dass das Ganze immer noch ein Geschmäckle hat. Noch ist das Fieber noch nicht ausgebrochen. Das erklärt sich sicher aus den nächsten Zeilen:

Letzten Samstag war es dann soweit. Wir sind wieder gut 300km gefahren, um das Fahrzeug zu holen. Der Wetterbericht meldete keinen Niederschlag, aber nur 2-3°C. Mit Sommerreifen sicher kein Vergnügen. Den rostfreien Texaner durch deutsches Salzwasser fahren? Wenn nicht jetzt, wann dann…
Auf dem Weg zum Auto erstmal schneereiche Mittelgebirge durchquert. Dann den restlichen Vertragskram erledigt und eingestiegen. Er gehörte mir. 12 Zylinder, 5,4 Liter Hubraum und über 5 Meter Auto. Ich bin in meinem Leben schon relativ viele Autos verschiedenen Alters und Couleur gefahren, aber das war ein Erlebnis für sich. Es fühlt sich an, als ob man ein Binnenschiff mit Kreuzfahrtschiffsmotor halbwegs sportlich über den Asphalt bewegt. Allein dieses Erlebnis war schon einmal einzigartig.

Noch bevor ich losgefahren bin, ging es schon los. Der Sonnenschutzrollo an dem kleinen Fenster an der Fondtür klemmte beim einfahren. Der Heckscheibenrollo fuhr nach der Reparatur zwar runter, aber nicht mehr wieder hoch. Kaum war ich vom Hof, gingen die Probleme weiter. Ich hatte extra eine 90er Jahre Elektro-CD gekauft, um die lange Fahrt musikalisch zu untermalen. Doch was musste ich feststellen? Die CD-Wechslerkassette fehlte. Nun gut, gibt schlimmeres. Beim Warmfahren dann ein merkwürdiges Geräusch wahrgenommen, als ich vom Gas ging. Und gleich auch noch einen fetten Steinschlag mit kleinem Riss entdeckt. War das alles schon bei der Probefahrt? Also an das Geräusch kann ich mich nicht erinnern…

Nun, was sollte ich machen? Den Wagen wieder auf den Hof stellen und heimfahren? Noch mal kurz mit dem Verkäufer Kontakt aufgenommen. Ich hatte ja Gewährleistung auf das Auto. Jetzt einfach heim, was soll schon passieren.

Auf halber Strecke dann der Supergau. Tacho fällt aus, ABS und DSC Anzeige leuchtet auf. Ich kannte zum Glück das Problem vom E39. War es das ABS-Steuergerät oder nur ein Sensor? Mit dem Verkäufer Rücksprache gehalten und dann meiner Freundin im Passat die restliche Strecke hinterhergefahren. Mit einem 24 Jahre alten Auto mit Sommerreifen, ohne ABS und DSC bei 2°C, Dunkelheit und Nebel. Hey, aber dafür hat er das echt ganz gut gemacht. War in keiner Sekunde in irgendeiner Weise ein Problem.

Direkt zur Werkstatt meines Vertrauens gestellt. War zum Glück nur der Sensor. Die haben dann gleich noch auf Kosten des Verkäufers sie suppende Ventildeckeldichtung gewechselt. Direkt schon mal 750€ fällig, zum Glück nicht meine Kosten. Zwar war im Fehlerspeicher eine Meldung, dass der Öldruck in der VANOS nicht passt, aber das kann wohl vom langen Stehen kommen und war nach der Probefahrt dann auch nicht mehr drin. Ansonsten haben die Mechaniker nichts festgestellt.
Als nächstes ein Termin bei Carglass ausgemacht. Scheibe kann wohl repariert werden.
Dann geht es weiter mit den Problemchen. Plötzlich verstellt sich während der Fahrt der Fahrersitz und das Lenkrad. Memoryfunktion wohl im *****. Da ich alleine das Auto fahre, ist das ein sehr verschmerzbarer Verlust. Es gibt ja den Spruch: Was er nicht hat, kann nicht kaputt gehen. Ich passe den Spruch an: Was schon kaputt ist, kann nicht mehr kaputt gehen Die Taste für den Zentralverriegelung klemmt plötzlich beim Drücken. Mh, naja okay.

Was mich aktuell am meisten nervt ist dieses furchtbare Surren, das von hinten kommt. Ist ja schön, dass man dankt Doppelverglasung nichts von draußen hört. Wenn man dann aber durch das Geräusch, das im Stand oder niedrigen Drehzahlbereich auftritt akustisch penetriert wird, wird man irgendwann wahnsinnig. Es scheint wohl was mit der Benzinzufuhr zu tun haben. Aber: Tank ist neu, Benzinpumpe ist neu, Kraftstofffilter ist neu, Kraftstoffregler ist neu. Habe hier im Forum schon mal etwas gestöbert, scheint wohl irgendein Ventil oder Schlauch zu sein. Im Anhang eine Sounddatei. Einmal von außen, einmal von innen. Vielleicht könnt ihr mir da direkt helfen.

Was ist das Fazit aus dem Ganzen? Nun, es ist ein 24 Jahre altes Auto mit viel Schnickschnack, der gerne kaputt geht. Meine Theorie ist ja, dass der störrische Texaner einfach das kalte deutsche Wetter nicht mag. Wie soll man es sich sonst erklären, dass plötzlich „alles“ kaputt geht, was vor einer Woche noch einwandfrei funktioniert hat. Ich wusste zwar, auf was ich mich da einlasse. Aber dass es so schnell los geht, weckt unschöne Erinnerungen an meinen 528i.
Mein Standpunkt: Die Essentials passen. Der Motor schnurrt, der Lack ist neuwertig. Zu 100% rostfrei. Der Innenraum ist auch nicht verlebt. TÜV bis 2022. Das Fahrzeug hat viele neue Teile verbaut.
Und wenn alles hart auf hart kommt: Ich habe Gewährleistung und eine gute Rechtschutzversicherung ohne SB. Notfalls hau ich ihm das Ding wieder um die Ohren. Immerhin bin ich aktuell (noch) nicht auf das Auto im Alltag angewiesen. Ich fühle mich gerade ein bisschen wie ein Rodeo-Reiter, der einen wilden Bullen unter sich hat und nicht wirklich weiß, ob der lachen oder weinen soll.

Ich kann mich einfach nicht an dem Ding sattsehen. Die meisten Autofanatiker freuen sich über einen röhrenden Sportauspuff, wenn sie vom Fleck kommen. Ich freue mich über das sonore Brummen meines V12, den man auch gerne mal als Motorhupe einsetzen kann. Und wenn das nervige Surren nicht wäre, könnte man mit dem Ding stundenlang über Landstraßen und Autobahnen gleiten, als wäre man auf Schienen.

Bevor die Bilder kommen, noch eine kleine Anekdote von der Zulassungsstelle: Der Ami-Kofferraumdeckel lässt ja kein normales Kennzeichen zu. In NRW hat man da wohl leichtfertig ein Modepkennzeichen zugeteilt. Der bayrische Beamte in der Zulassungsstelle, der zwar sehr nett war und mir direkt zu meinem guten Autogeschmack gratuliert hat, wollte erstmal Fotos und Ausmessungen von der Kennzeichenbucht (trotz TÜV-Gutachten!), bis er mir dann nach mehreren Stunden endlich ein kurzes Kennzeichen mit einem Buchstaben und einer Zahl zugeteilt hat. Wer hat das schon?

Hier nun ein paar Bilder:




Ach ja. Der E38 bleibt natürlich genauso wie der E23 original. So sehr ich damals an den Autos rumgebastelt habe, lass ich die Dinger jetzt wie sie sind. Mir allen ihren Ecken und Kanten. Der Vorbesitzer hat mir da schon genug an den Scheinwerfern rumgemacht. Und ja, ich habe ihn im Winter gefahren, aber sobald wieder Eis, Schnee und noch mehr Salz kommen, bleibt er natürlich stehen und wird im Frühjahr erstmal professionell lackversiegelt.

Dann sag ich mal „Hallo“ in die Runde. Was sagt ihr zu meiner Story. Hättet ihr dem Verkäufer das Ding wieder auf den Hof gestellt oder wärt ihr so locker wie ich geblieben? Vielleicht bin ich nach all dem was ich mit meinen BMWs bisher erlebt habe auch einfach zu überkritisch. Mal schauen, was mich da noch erwartet. Die Blicke und die Komplimente hat man schon mal auf seiner Seite, aber das kenn ich ja schon vom E23. Ich hoffe jetzt einfach mal, dass ich das E38-Forum nicht so oft frequentieren muss, wie damals das E39-Forum.

Aber trotzdem freue ich mich schon mal auf die schöne Zeit mit euch

Euer Laarson.

PS: Hier noch mal eine Zusammenfassung was nicht funktioniert, sortiert nach dem Nervigkeitsfaktor:
- Surren vom Tank
- Jaulen beim Gaswegnehmen beim Warmfahren
- Dachhimmel hängt hinten etwas durch
- CD Wechslerkassette fehlt (kann man ja leicht beheben)
- Zentralverriegelungstaste klemmt
- Sonnenschutzrollo an der Seitenscheibe klemmt (kann man ja leicht beheben)
- Sonnenschutzrollo an der Heckscheibe außer Funktion
- Memory-Funktion am Sitz außer Funktion

Vielleicht erklärt ihr mich jetzt für verrückt, dass ich dafür 19.000€ ausgegeben habe. Aber hey, der Rest funktioniert einwandfrei .
Angehängte Dateien
Dateityp: zip Surren 750iL.zip (494,2 KB, 2x aufgerufen)

Geändert von Laarson (11.12.2020 um 21:33 Uhr).
Laarson ist offline   Antwort Mit Zitat antworten