26.03.2004
US-Studie bescheinigt deutschen Autos schlechte Elektronik
8 Jahre alte Lexus-LS400-Modelle weisen weniger Probleme auf als 6 Monate alte BMW 7er
von Charles Murray (www.EETimes.de),
25. März 2004
Chicago. Ganz schlecht kommen die deutschen Automobilhersteller in
einer groß angelegten Umfrage der unabhängigen amerikanischen
Verbraucherorgansiation 'Consumers Union' weg. Darin hatte das Institut die
Zuverlässigkeit der fahrbaren Untersätze ermittelt. Die beste Qualität liefern
der Studie zufolge japanische Hersteller. Deren Designregeln seien die Grundlage
für die hohe Zuverlässigkeit der Elektrik und Elektronik der in Asien
gefertigten Kraftfahrzeuge, folgert die Consumers Union.
Die Ergebnisse der groß angelegten Befragung von Autobesitzern wurde in der
April-Ausgabe der Zeitschrift 'Consumer Reports' veröffentlicht. Der Bericht
zeigt, dass in Asien gefertigte Autos hinsichtlich ihrer Systemzuverlässigkeit
nicht nur die nordamerikanischen Modelle, sondern insbesondere auch die
europäischen Luxusautos übertreffen. Drei japanische Marken - Acura, Infiniti
und Lexus - gehören zu den zuverlässigsten Fahrzeugtypen, während die deutschen
Modelle von Audi, BMW und Mercedes-Benz am Ende der Liste zu finden sind.
Der Unterschied könne damit begründet werden, dass "das Herz und die Seele
der japanischen Herstellungsphilosophie das System ist und nicht die einzelne
Komponente. Bei den amerikanischen und deutschen Fahrzeugherstellern ist es
genau umgekehrt," erklärt David Cole, Chairman des 'Center of Automotive
Research' in Ann Arbor, USA, das an der Studie nicht teilnahm. "Bei europäischen
und amerikanischen Hersteller herrscht die historisch gewachsene Überzeugung
vor, dass perfekte Teile ein perfektes System ergeben."
Auch wenn das so sein sollte, dürften die einzelnen Teile weniger das Problem
sein, als vielmehr deren Design und der entsprechende Assemblierungsprozess -
ein Faktor, der für ein ganzheitliches Design spricht. Wenn elektronische
Systeme ausfallen, ist die Ursache nach Angaben der Consumers Union und anderer
Fachleute oft kein Fehler der Mikrocontroller, Speicher oder anderer ICs. In der
Tat seien Mikroprozessoren in den letzten Jahren sehr zuverlässig geworden, so
die Consumers Union.
In den Steckern steckt der Fehlerteufel
Die Fehlerursache ist vielmehr recht oft auf simple Steckverbindungen im
System zurückzuführen. "Wir haben eine sehr hohe Korrelation zwischen der
Zuverlässigkeit des Systems und der Anzahl der notwendigen Verbindungen während
der Fertigung festgestellt," kommentiert Cole das Ergebnis.
Laut Cole weisen einige Armaturenbretter oft nicht weniger als 45 notwendige
Steckverbindungen auf, andere kommen mit drei oder vier aus. Kein Wunder, dass
das Teil mit den vielen Verbindungen häufiger falsch eingebaut wird - und in der
Tat sei das der Fall, sagte Cole.
Japanische Hersteller schneiden bei dem Zuverlässigkeitsreport auch deshalb
so gut ab, "weil sie ein narrensicheres System anstreben, in dem zum Beispiel
Drähte auf keinen Fall mit scharfen Metallkanten in Berührung kommen und
Verbindungen bei der Montage hörbar zuschnappen, damit der Mann am Fließband
weiß, dass die Verbindung geklappt hat," erläutert David Champion, Director of
Testing der Autotestanlage der Consumers Union.
David Cole vom Center of Automotive Research hat beobachtet, dass die
japanischen Hersteller die jeweils neueste Elektronik etwas langsamer als ihre
Konkurrenten in den USA und besonders in Deutschland adaptieren. Diese
Verzögerung gereiche ihnen aber zum Vorteil. "Harte Erfahrungen haben die
japanischen Hersteller gelehrt, dass es manchmal besser ist, langsamer zu sein,"
sagt Cole.
Experten kritisieren europäische Arroganz
Experten weisen darauf hin, dass die Probleme der europäischen Hersteller
nicht neu sind. Seit ungefähr 20 Jahren, meinen die Experten, sei die
Zuverlässigkeit bei den europäischen Autoherstellern stetig schlechter geworden,
während sie sich in Nordamerika leicht gebessert, in Japan aber einen gewaltigen
Sprung nach vorne gemacht habe.
Während die amerikanischen Konkurrenten das Problem bereits in den 70-er
Jahren angingen, implementierten die europäischen Hersteller die notwendigen
Veränderungen für eine höhere Zuverlässigkeit dagegen nur sehr langsam.
"Die europäischen Fahrzeughersteller sind davon überzeugt, dass sie die
Herren des 'Qualitäts-Spiels' sind, waren und immer bleiben werden," kritisiert
Cole. "Aber die Daten zeigen immer wieder, dass das nicht mehr der Fall ist."
Die Ingenieure der Consumers Union weisen darauf hin, dass sich der
japanische Lexus und der deutsche BMW an zwei entgegengesetzten Enden der
Zuverlässigkeitsliste befinden. Und das gilt nicht nur für die Elektronik
sondern auch für das gesamte Fahrzeug - Motor, Getriebe, Federung, Auspuff,
Bremsen und andere Bereiche. Auf der Basis von 675.000 Befragten fanden sie
heraus, dass acht Jahre alte Lexus-LS400-Modelle weniger Probleme pro hundert
Fahrzeuge (41%) aufwiesen als die sechs Monate alten 7er BMWs (42%).
Deutsche Luxuskarossen: Wenig Zuverlässigkeit für viel Geld
Nach Angaben des Consumer Reports kostet der Lexus LS430 in den USA etwa
55.000 Dollar, während der Käufer für den 7er BMW je nach Ausstattung
zwischen 69.000 und 117.000 Dollar hinblättern muss.
Zu den Fahrzeugen, die in der Studie wegen mieser Zuverlässigkeit bei
Elektrik und Elektronik schlecht abschnitten, gehören der Audi A6, der 7er BMW,
der Chevrolet Blazer, der Ford Windstar, die E-Klasse von Mercedes-Benz, der
Volvo 850 und der VW Golf. Regelmäßig gute Ergebnisse zeigten der Acura Integra,
der Honda CR-V, der Infiniti QX4 und der Lexus LS400.
Die Testingenieure der Consumers Union machten beim Zerlegen der Fahrzeuge
die Erfahrung, dass das Ursachenspektrum der elektrischen und elektronischen
Fehlfunktionen von fehlerhaft installierten Leitungen über wacklige
Steckverbindungen bis hin zu fehlerhaften Relais reicht. Derartige Fehler können
den Ausfall aller möglichen Komponenten des Fahrzeugs nach sich ziehen, wie zum
Beispiel elektrische Fensterheber, Starter, Lichtmaschinen, Akkus,
Anzeigeeinheiten, Scheibenwischer, Beleuchtung, Airbags sowie Benzin- und
Wasserpumpen.
Champion hält nichts von der Idee, dass mehr Elektronik mehr Probleme
verursache, da entsprechende Statistiken diese Behauptung keinesfalls stützen.
"Lexus, Acura und Infiniti haben Fahrzeuge mit wesentlich mehr
Ausstattungsmerkmalen und höherer Komplexität hergestellt, aber sie scheinen das
offensichtlich richtig hinbekommen zu haben," konstatiert der Cheftester.
Quelle: www.EETimes.de
(wörtlich übernommen, mit freundlicher Genehmigung der Redaktion eeTimes.)
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10.03.2004
Homepage ETimes. Weltweiter
Industrie- und Nachrichtendienst für Elektroingenieure und technisches
Management.
Homepage Consumers
Union. Amerikanische Verbraucherberichte "non-profit".
Homepage
ConsumerReports. Amerikanisches Verbrauchermagazin mit Verbraucher-berichten
auch über die 7er-Reihe. Allerdings kostenpflichtig und nur in englischer
Sprache.
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