11.11.2007
Gastkommentar: Schwere Zeiten für deutsche Autobauer - auch dank der Politik
Die Automobilindustrie, zumal auf dem deutschen Markt, hat es in diesen Tagen
nicht gerade leicht. Und daran wird sich in absehbarer Zeit nichts ändern. Der
automobile Binnenmarkt will einfach nicht anspringen, eine vage Hoffnung liegt
auf 2008. Dass diese Industrie es dennoch schafft, mit immer neuen
Stückzahlrekorden auf den Exportmärkten, vorneweg den USA, zu glänzen und gegen
den Trend erfolgreich zu sein, ist bemerkenswert. Und das trotz allen
innenpolitischen Widrigkeiten, die deutsche Politiker der Automobilindustrie als
Knüppel zwischen die Beine werfen.
Da macht Mercedes-Benz zurzeit in den USA sehr erfolgreich Werbung damit,
dass die Produkte mit dem Stern „autobahntested“ sind, und zu Hause machen sich
Politiker daran, diesen Wettbewerbsvorteil für alle deutschen Hersteller mit den
verstaubten Forderungen nach einem generellen Tempolimit zu verspielen. Klammern
wir uns an die Hoffnung, dass die Kanzlerin ihr „Mit mir wird es das nicht
geben!“ durchhält.
Dass es im Bundestag dafür eine Mehrheit gäbe, ist ziemlich sicher. Doch dann
müsste die SPD dem Koalitionspartner gegenüber ziemlich konfliktfreudig
auftreten, was nicht zu erwarten und noch weniger zu hoffen ist. Unter dem
Deckmantel des Umweltschutzes und der Verkehrssicherheit soll eben doch nur das
gesellschaftspolitische Modell der „Gleichheit“ durchgesetzt werden. Es ist in
den Augen linker Kritiker einfach ungerecht, wenn es einigen besser geht als
anderen und einige schneller fahren als andere. Gerechtigkeit ist erst erreicht,
wenn es allen gleich schlecht geht. Bezogen aufs Tempolimit ist das nichts
anderes: Schneller zu fahren als andere bedeutet in den Augen linker Kritiker
nur die Privilegierung Reicher. Dass mittlerweile auch die Autos der arbeitenden
Klasse 200 fahren können, ist denen noch nicht aufgefallen. Das Tempolimit als
Symbol sozialistischer Gerechtigkeitsvorstellung.
Auch an anderer Stelle tut die Politik alles, um den Bürgern das Autofahren
zu vermiesen. Nehmen wir die Pendlerpauschale: Weil mehrere Finanzgerichte,
zuletzt der Bundesfinanzhof, große Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit hegen,
ließ sich der sich dennoch im Recht wähnende Finanzminister Peer Steinbrück dazu
herab, die volle Eintragung der alten Pauschale auf der Lohnsteuerkarte
zuzulassen. Ausgerechnet aus den Reihen der bayerischen CSU heraus wurde nun
auch diese Regelung nach ein paar Wochen Wirksamkeit so gut wie gekippt.
Die Politiker bleiben bei ihrem Standpunkt, dass die willkürliche Streichung
der ersten 20 Kilometer auf der Fahrt zur Arbeit rechtens sei. Es sei zu
befürchten, dass nach einem Verfassungsgerichtsurteil in diesem Sinne viele
Bürger Steuern nachzahlen müssten. Den Groll der Bürger im Wahljahr 2009 will
man vermeiden, indem man ihn auf jetzt vorzieht. Da können die Politiker mit dem
Groll leben. Wenn die Autoindustrie nur halb so chaotisch agieren würde wie die
Politik, die Manager dürften sich nicht mehr auf die Straße trauen. Wir bleiben
dabei: Die (reduzierte) Pendlerpauschale wird zurückkommen, noch bevor das
Verfassungsgericht sein Urteil gesprochen hat. Sie ist so praktisch als
Wahlgeschenk geeignet, zumal dann, wenn am Ende die Einnahmen des Staates nicht
zurückgehen. So ist daran gedacht, sie auf 20 Cent vom ersten Kilometer an zu
reduzieren, was am Ende zur jetzigen Lösung aufkommensneutral sein soll. Für die
Kurzpendler ein Vorteil, für die Weitfahrer kaum.
Die galoppierenden Kraftstoffpreise sind ebenfalls nicht geeignet, den
Autofahrer zu ermuntern, sich ein neues Auto zu kaufen. Der weiß ja noch nicht
einmal, wie die künftige CO2-bezogene Kraftfahrzeugsteuer aussehen wird. Und wie
wir unsere Bundesregierung kennen, wird sie sich nicht scheuen, die künftige
Regelung rückwirkend in Kraft zu setzen. Die verunsicherten Autofahrer bzw.
potenziellen Autokäufer warten ab. Forderungen des ADAC und anderer Verbände
sowie zahlreicher Wirtschaftsfachleute nach Streichung der Ökosteuer auf
Kraftstoffe tropfen an der Bundesregierung ab.
Peer Steinbrück wiederholt sein Mantra vom „fehlenden Spielraum für
Steuersenkungen“ und freut sich, dass er an jedem Anstieg des Ölpreises
zusätzlich abkassiert. Dass er trotz unerwarteter Mehreinnahmen dann davon
redet, nächstes Jahr die „Bemessungsgrundlage für Steuereinnahmen“ verbreitern
zu wollen, also den Bürgern noch mehr Geld abzufordern, klingt schon fast wie
Hohn. Da hilft es nichts, wenn Steinbrück damit den „Abbau von Subventionen“
meint. Man muss wissen, dass für ihn schon die Pendlerpauschale, die
Absetzbarkeit von Werbungskosten etc. Subventionen sind.
Die Autoindustrie wird sich darauf einstellen müssen, dass vonseiten der
Regierung keine Hilfestellung zu erwarten ist. Umso mehr Verantwortung kommt
dabei auf den Verband der Automobilindustrie (VDA) zu, die Stimme zu erheben. Ob
es nur ein Gerücht ist, dass der VDA künftig mit autokritischen Organisationen
eng zusammenarbeiten will, wie es bei der Veranstaltung zur Verleihung des
„Goldenen Lenkrads“ in Berlin die Runde machte? Die Topmanager der Autoindustrie
schienen doch ziemlich gequält zu lächeln, als sich ihr VDA-Präsident Matthias
Wissmann auf einem groß auf Leinwand präsentierten Foto auf einem Fahrrad in
Szene setzen ließ. Ob Wissmann da gut beraten war? – Die Symbolik des Bildes war
eben nicht die Botschaft, dass Radfahren gesund sei.
Obwohl sich Wissmann in seinen Reden und Auftritten klar auf die Seite der
Autoindustrie schlägt (wohin auch sonst?), war in Hintergrundgesprächen auch zu
hören, dass er einigen zu konziliant gegenüber Autokritikern auftrete. Gelernt,
politisch-diplomatisch aufzutreten, sollte sich der VDA-Präsident nicht der
Fehleinschätzung hingeben, die ideologischen Hardliner unter den Autogegnern mit
der Industrie versöhnen zu können. Das wäre pure Illusion.
Eine sehr gute Figur machte am Abend im Springer-Hochhaus die
Fraktionsvorsitzende der Grünen, Renate Künast. In der „Höhle der Löwen“ fühlte
sie sich offensichtlich sehr wohl, als sie das „Grüne Lenkrad“ an den BMW-Chef
Norbert Reithofer für die BMW-Spartechnologie „EfficientDynamics“ übergab.
Außergewöhnlich humorig vermittelte Frau Künast subtil die Botschaft, dass ihre
Aufforderung, Hybridfahrzeuge von Toyota zu kaufen, wohl doch etwas einseitig
gewesen sein könnte. Und Norbert Reithofer erwies sich als nobel, indem er in
seiner kurzen Dankesrede darauf hinwies, dass nicht nur BMW, sondern die gesamte
deutsche Autoindustrie in Sachen Umwelttechnologien sehr innovativ unterwegs
sei. (ar/HU/PS)
Quelle: Hans-U. Wirsch, Entnommen aus der aktuellen Ausgabe des
Branchen-Informationsdienstes PS-Automobilreport
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