Kategorie: Klassik 03.11.2006
Designer Albrecht Graf Goertz verstorben
München. Am vergangenen Freitag verstarb der Designer Albrecht Graf
Goertz im Alter von 92 Jahren. Der Designer entwarf Mitte der 1950er Jahre den
legendären BMW 507 und schuf damit nicht nur eine Ikone der Marke BMW sondern
für viele einen der schönsten Zweisitzer der Automobilgeschichte. Im Schatten
des 507 stand oft sein zweiter Entwurf für die Bayerische Motoren Werke, der
mondäne BMW 503. Die Kunstfertigkeit und Schaffenskraft von Goertz ging weit
über das Automobildesign hinaus. Er gestaltete eine Vielzahl von
Gebrauchsgegenständen, vom Füllfederhalter über Kameras bis hin zu
Musikinstrumenten, Möbel und Textilien.
Albrecht Graf Goertz, Designer des BMW 503 und
des BMW 507 ist Ende Oktober im Alter von 92 Jahren verstorben
"Mit Albrecht Graf Goertz verliert BMW nicht nur den Schöpfer des BMW 503 und
507, eines der schönsten Automobile überhaupt. Vielmehr muss sich die
Designkultur von einem seiner leidenschaftlichsten Vertreter verabschieden, der
sowohl das Autodesign im Herzen trug als auch kreativ und erfolgreich in allen
Designfeldern war", so Christopher Bangle, Leiter BMW Group Design.
Am 12. Januar 1914 wurde Albrecht Graf Goertz in Brunkensen in der Nähe von
Hannover als zweiter Sohn eines alten deutschen Adelsgeschlechts geboren. Seine
Kindheit und Jugend verlebte Goertz mit seinen Geschwistern auf dem elterlichen
Gut in Brunkensen. 1933 begann er eine Ausbildung bei der Deutschen Bank in
Hamburg. Nach eineinhalb Jahren wechselte er zu der Londoner Privatbank Helbert
Wagg & Company. 1935 beschloss Goertz, seiner Heimat den Rücken zu kehren. Er
beantragte ein Einreisevisum in die USA und verließ im Herbst 1936 Europa.
Drei Jahre später kam sein erstes eigenes Auto auf die Straße. Nach seinem
Entwurf entstand ein Einzelstück auf Basis eines Ford Mercury, der schwungvolle
"Paragon". Das zweitürige Coupé mit verkleideten Hinterrädern und eigenwilligen
hinteren Seitenfenstern war 1939 für einige Wochen auf der Weltausstellung in
San Francisco zu sehen.
1940 wurde Goertz in die US Army einberufen und leistete fünf Jahre lang
seinen Dienst an der pazifischen Front. Nach seiner Rückkehr ins zivile Leben
1945 lernte er Raymond Loewy kennen. Loewy war zu dieser Zeit der herausragende
Vertreter des Industriedesigns und verhalf Goertz zu einem Studium am Pratt
Institute in Brooklyn. Anschließend stellte er ihn als Junior Designer in seiner
Studebaker-Entwicklungsabteilung ein, wo Goertz zusammen mit einem Kollegen das
erfolgreiche Facelift des Studebaker Champion entwirft - die so genannte "Bullet
Nose". Nach zweieinhalb Jahren trennten sich die Wege von Goertz und Loewy.
Goertz eröffnete 1953 schließlich sein eigenes Design- Studio: Goertz Industrial
Design, Inc. New York.
BMW
507, entworfen von Albrecht Graf Goertz
Den Weg zu BMW ebnete ihm Max Hoffmann. Der gebürtige Österreicher und größte
Autohändler in New York galt in den 1950er Jahren als der bedeutendste Importeur
für europäische Luxusfahrzeuge in Übersee und vertrieb Prestigemarken wie
Mercedes, Porsche und BMW. Sein Einfluss war so groß, dass die Werke ihm
frühzeitig Einblick in ihre Planungen gewährten. Dementsprechend bat auch BMW um
Begutachtung seines Sportwagenprojekts, einem Roadster mit V8 Motor. Die ersten
Entwürfe gefielen Hoffmann jedoch nicht. Er gab dem jungen Designer Goertz den
Tipp, einige Skizzen für einen Sportwagen anzufertigen und nach München zu
schicken. Die Entwürfe fanden dort spontan Gefallen, und zwei Wochen später
erhielt er von BMW eine Einladung nach München. Im Januar 1955 wurden die
Verträge geschlossen.
Als technische Basis für den neune Sportwagen diente das um 35,5 Zentimeter
verkürzte Chassis der BMW 502 3,2 Liter Super- Limousine. Parallel zu diesem
Zweisitzer unter der Bezeichnung 507 wurde Goertz nach kurzer Zeit die
Verantwortung für ein weiteres Projekt übertragen: Nach der Vorarbeit von Kurt
Bredschneider entwickelte er das Modell 503, ein ebenfalls vornehmlich für den
amerikanischen Markt geplanter Luxusreisewagen als Cabriolet und Coupé. In
weniger als einem Jahr entstand so das Coupè und Cabrio BMW 503 und der Roadster
507. Auf der Automobilausstellung in Frankfurt wird der BMW 507 als "Traum von
der Isar" gefeiert und ist zusammen mit dem BMW 503 der Star der Ausstellung.
Für den Schöpfer der legendären Luxuskarossen bedeuten die Entwürfe den
internationalen Durchbruch.
BMW 503 Cabriolet
Goertz wurde mit Bertone, Pinin Farina und anderen Designern von Weltrang
verglichen. "Wenn ich jemand mit einem Auto emotional ansprechen kann, gelingt
mir das auch mit einem anderen Produkt", ist Goertz überzeugt. Und sein Erfolg
gibt ihm Recht. Auftraggeber aus allen Branchen engagieren den Designer. Von
seinem Studio in den USA aus, wo Goertz noch immer seinen Hauptwohnsitz hatte,
reist er in der Folgezeit um den ganzen Globus und gestaltet
Gebrauchsgegenstände verschiedenster Art. In den 1990er Jahren wählte Goertz
wieder das elterliche Gut in Brunkensen als Lebensmittelpunkt. Auch von dort aus
war er auch weiter als Designer tätig.
Beispiele für Goertz-Design:
BMW 503 und BMW 507; Agfa Fotoapparat; Kienzle Tischuhr; Rowenta Bügeleisen,
Feuerzeuge, Kaffeemaschine, Toaster u. a.; Mont Blanc Füllfederhalter,
Kugelschreiber, Disc Pen; Custom Craft-Fiberglas Sportboot; Polaroid Kamera;
SABA Radios, Fernsehgeräte u. a.; ACCO Bürogeräte; Datsun Silvia, Datsun 240Z;
Fuji Filmkamera, Filmprojektor; Bicicletas Monark Fahrrad; Schulmöbel; Oxford
Filing Supply Büromöbel; Jensen Schmuck; Puma Sportbekleidung und Accessoires.
Quelle: BMW Presse-Mitteilung vom 03.11.06
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