23.11.2004
BMW Car IT: Software und Elektronik als Innovationstreiber
München. Anfang Dezember 2001 gründete die BMW AG mit der BMW Car IT
ein neues Tochterunternehmen für automobile Software- und IT-Entwicklung. Ziel
des neuen Think Tank: Das Potenzial von Software im Fahrzeug intelligent zu
nutzen, kundenwerte Fahrzeugfunktionen zu erschließen und eine Schnittstelle zur
Informatik-Community zu bilden.
Nach drei Jahren operativer Arbeit ist die Bilanz positiv. "Die BMW Car IT
ermöglichte erstmals das Zusammenführen spezifischer Kompetenzen aus dem
Automobilbau und der Informatik. Dies bildet die Grundlage, auch zukünftig
Technologien und Innovationen sicher in Fahrzeugen darzustellen", erklärt Dr.
Ulrich Weinmann, Geschäftsführer der BMW Car IT.
Wertschöpfung zunehmend aus der Softwareentwicklung.
"Als Premium-Hersteller hat die BMW Group den Anspruch, bei Innovationen und
neuen Technologien die Führungsrolle innerhalb der Automobilindustrie
einzunehmen. Die Gründung der BMW Car IT war die logische Konsequenz aus der
Erkenntnis, dass Software im Zusammenspiel mit elektronischen Komponenten der
Innovationstreiber Nummer 1 im Automobilbau sein wird und deshalb unser
Qualitätsanspruch an die Software nicht geringer sein darf als an die Hardware",
so Prof. Dr. Burkhard Göschel, Vorstand der BMW AG für Entwicklung und Einkauf.
Wie in anderen Branchen auch, gewinnt Software in der Automobilindustrie
immer mehr an Bedeutung. Die Wertschöpfung im Automobilbau verschiebt sich immer
weiter von Hardwarebauteilen über Elektronikkomponenten hin zu
Softwareapplikationen. Aus diesem Grund ist Informationstechnologie inzwischen
eine wichtige Kernkompetenz der BMW Group.
Das funktioniert nur, indem man sich die besten Informatiker ins Unternehmen
holt. Doch solche Spezialisten brauchen kreative Freiräume. Die BMW Car IT hat
sich deshalb voll und ganz auf die Anforderungen der IT Branche eingestellt und
ein optimales Arbeitsumfeld geschaffen. Rund 30 Mitarbeiter - primär
Informatiker, daneben vor allem E-Techniker und Maschinenbauer - arbeiten heute
in der Tochtergesellschaft, deren Atmosphäre eher an ein IT-Start-up denn an
einen Automobilhersteller erinnert. Etwas abseits der Serienentwicklung und doch
im engen Schulterschluss mit dem Entwicklungsressort entwickeln sie innovative
Softwarelösungen für Anwendung im Automobil, die dann in konkrete
Fahrzeugprojekte umgesetzt werden.
Einheitliche Standards setzen.
Die Potenziale von Software im Automobil intelligent zu nutzen, heißt für die
BMW Group vor allem, ein Plus an Sicherheit, Komfort und Zuverlässigkeit für den
Kunden zu erreichen. Mehr Funktionen bedeuten aber gleichzeitig auch komplexere
Systeme. Ob Motor, Getriebe oder Bremsen - viele Komponenten werden per
Elektronik gesteuert. In einem Fahrzeug der Oberklasse arbeiten heute rund 80
verschiedene Steuergeräte, die in ein Gesamtsystem eingebettet werden und
harmonisch zusammenarbeiten müssen. Die einzelnen Systeme kommen in der Regel
von unterschiedlichen Herstellern und verwenden unterschiedliche Steuercodes und
Schnittstellen. Immer häufiger greifen diese unterschiedlichen Steuergeräte auf
die Daten eines einzigen Sensors zu. Um hier Konflikte zu vermeiden und die
Zuverlässigkeit der Software zu verbessern, sind offene Systemarchitekturen und
standardisierte Schnittstellen notwendig. Diese Aufgabe betrifft die gesamte
Automobilindustrie. Aus diesem Grund arbeitet die BMW Group zusammen mit anderen
Automobilherstellern und führenden Lieferanten in Konsortien und Partnerschaften
wie beispielsweise AUTOSAR daran, industrieweit einheitliche Standards zu
schaffen.
Erste AUTOSAR Machbarkeitsstudie.
In dieser frühen Phase arbeitet die BMW Car IT an Machbarkeitsstudien von
Spezifikationen, um ihre Tragfähigkeit zu prüfen und im nächsten Schritt erste
Feedbacks in die Partnerschaft AUTOSAR zu tragen. Ergebnis dieses Engagements
ist eine erste Implementierung einer Kernkonzeption von AUTOSAR - des so
genannten AUTOSAR Runtime Environments (AUTOSAR RTE) - durch die Spezialisten
der BMW Car IT. Damit werden erstmals Fahrzeugfunktionen unter Nutzung des
AUTOSAR-Standards entwickelt.
Die AUTOSAR RTE passt sich "automatisch" der jeweiligen Hardware im Fahrzeug
an, um somit den Fahrzeugfunktionen immer die gewohnte und benötigte Umgebung
anzubieten. Die Herausforderung liegt in dem für Automotive Software notwendigen
hohen Niveau an Robustheit und einem effizienten Ressourceneinsatz. Diese wird
bei der AUTOSAR Lösung der BMW Car IT dadurch erreicht, dass die AUTOSAR RTE
nicht von einem Entwickler "programmiert", sondern praktisch automatisch von
Softwareprogrammen erzeugt wird: Quasi ein "Programm", das "programmiert". Damit
wird nicht nur ein effizientes System sichergestellt, sondern auch potenzielle
Fehlerquellen abgestellt.
Die damit nachgewiesene Trennung von Softwarefunktion und Hardware - dem
Rechner - ermöglicht eine hohe Transparenz, um zukünftig Fahrzeuge flexibler zu
entwickeln, neue Funktionen für den Kunden nachzurüsten und durch die
industrieweite Standardisierung Aufwendungen zu reduzieren. Eine modulare,
offene Architektur der Software im Fahrzeug ist eine Grundvoraussetzung für die
Funktionsumfänge zukünftiger Fahrzeuggenerationen und der damit verbundenen
Komplexität.
Die technischen Ergebnisse belegen eindruckvoll die schnelle Anwendung von
Kompetenzen und Konzepten der Informatik auf aktuelle Herausforderungen in der
Automobilindustrie und bestätigen das Modell der BMW Car IT.
Zentrale Intelligenz im Automobil.
Darüber hinaus arbeiten die Entwickler der BMW Car IT an einer zentralen
Intelligenz, die einerseits alle elektronischen Systeme überwacht und managt,
andererseits vom Fahrer lernt und ihn unterstützt. Und: Dieser Generalassistent
wird in der Lage sein, neue Funktionen per Software aufzunehmen. "Die Idee, die
dahinter steckt, ist einfach", sagt Dr. Ulrich Weinmann. "Das Auto wird sehr
viel sicherer und zuverlässiger seinen Gesamtzustand überwachen, Neues dazu
lernen und Fehlverhalten ausschließen." Ein Prinzip, das aus dem klassischen
Business-Bereich der Datenverarbeitung stammt und dort seit langem bestens
funktioniert. Ein kleiner Server inmitten der Spezialanwendungen bedient diese
mit allen notwendigen Informationen und kann dadurch auch Abweichungen
feststellen und gegebenenfalls gezielt beheben.
Ein Beispiel: Der Fahrer parkt, stellt den Motor ab und lässt sich noch
einige Zeit von der Audio-Anlage unterhalten. Bevor nun die
Entertainment-Funktion zum Ärgernis wird, weil sie der Batterie zuviel Strom
entzieht, schaltet die zentrale Intelligenz das Radio aus. "Sie erkennt einen
kritischen Zustand, gibt erst eine Warnung an den Benutzer und zieht dann
gegebenenfalls die Konsequenzen", erklärt Dr. Ulrich Weinmann.
Eine Strategie, die auch bei anderen Störungen funktioniert. Die zentrale
Intelligenz kann erkennen, wann ein so genannter "nicht definierter Zustand"
eintritt und unmittelbar korrigierend eingreifen. Mit anderen Worten - die
Abweichung wird so frühzeitig ausgebügelt, dass sie für den Fahrer keinerlei
Auswirkungen hat - er bemerkt sie noch nicht einmal. "Dadurch erhalten wir ein
robustes System", sagt Dr. Ulrich Weinmann.
Software als Sonderausstattung.
Aber die zentrale Intelligenz soll durchaus auch spürbare Vorteile für den
Fahrer mit sich bringen. War die Software der allermeisten elektronischen
Systeme im Auto bis vor kurzem noch ein unveränderlicher Bestandteil, so werden
Updates über eine zentrale Intelligenz nun ebenso möglich wie das Einspielen
neuer Funktionen. Ein Beispiel hierfür ist das individuelle Fahrtenbuch, das auf
Wunsch eines Geschäftsreisenden jede Route automatisch protokolliert. "Der Kunde
kann die Software kaufen und seinen Bedürfnissen entsprechend nutzen", erläutert
Dr. Weinmann. Durch das offene System ist es jederzeit möglich, eine Anwendung
nachträglich einzuspielen oder auch wieder zu löschen. Der Käufer kann also
seinen BMW mit den Funktionen ordern, die er zunächst benutzen möchte, ohne sich
spätere Änderungen zu verbauen. Gleichzeitig erhöht diese Option die Wertigkeit
des Fahrzeugs während seiner Lebensdauer: Auch Zweit- oder Drittbesitzer können
das Auto jederzeit ihren Wünschen anpassen.
Keine Zukunftsmusik: Bereits heute können BMW Kunden bestimmte
Software-Umfänge auch nachträglich kaufen und in ihr Fahrzeug einspielen. Hierzu
gehören zum Beispiel eine neue Navigationssoftware für die Bildschirmoberfläche
oder Softwarekomponenten für die internetbasierten Dienste von BMW Online im
5er, 6er und 7er BMW.
Sicherheit an erster Stelle.
Damit die durch Software-Download erreichbare Flexibilität für Kunden keine
unerwünschten Begleiterscheinungen hat, steht bei der BMW Car IT das Thema
Sicherheit an erster Stelle. Um Manipulationen von außen zu verhindern, werden
neben Firewalls weitere Sicherungselemente entwickelt. Zudem wird bei
Software-Downloads die Systemintegrität nicht angetastet. Sicherheitskritische
Anwendungen sind strikt getrennt von ladbaren Zusatzfunktionen.
Quelle: BMW Presse-Mitteilung vom 23.11.04
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