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Alt 29.01.2005, 14:24   #9
christian d
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Hallo Mika,

so, jetzt will ich mir doch mal ein wenig Zeit nehmen und versuchen zu erklären, was einen BMW von den anderen Marken unterscheidet. Ich denke, da gibt es etwas sehr Wesentliches.
Die BMW Group ist der einzige Automobilhersteller der Welt, der durchweg nur Premium-Automobile entwickelt und baut. Das gilt für die Marke BMW, die Marke Mini und erst recht für Rolls-Royce. Audi ist nur eine Marke innerhalb des großen Gemischtwarenladens "Volkswagen". Mercedes ist ebenfalls nur eine Marke innerhalb eines Konzerns, der auf fast jedem Gebiet tätig sein möchte.
Und entsprechend ist der größte Unterschied zwischen den Marken Audi, BMW und Mercedes die technische Substanz.
Fangen wir an mit BMW. Dort wird ein Fahrzeug entwickelt unter der Prämisse, das beste Fahrzeug der Klasse zu stellen. Und zwar beginnend beim kleinsten bis hin zum größten. Das beginnt bei den Motoren. Hier wird immer das jeweils beste Konzept verwirklicht. Der 6-Zylinder wird als Reihenmotor gebaut, die V8 haben 90° Bankwinkel, der V12 60°. Nockenwellen werden grundsätzlich mit Ketten angetrieben. Es wurde die hervorragende Valvetronic entwickelt, man ist immer der Maßstab in der Motorentechnologie. Dafür werden Nachteile bei der Kosteneffizienz in Kauf genommen. Der 6-Zyl-Reihenmotor baut länger, braucht mehr Platz, die Valvetronic ist auch nicht gerade billig,...
Das Fahrwerk ist, zumindest für den, der gerne etwas direkteren Kontakt zur Fahrbahn möchte, optimal. Man rennt aber auch nicht jedem Trend hinterher, nur damit man was hat, was andere haben. Bestes Beispiel ist die Luftfederung der S-Klasse. Nach ausgiebiger Probefahrt muss ich sagen, gut dass BMW so ein mieses Fahrwerk nicht hat. Diese ideale Kombination von Schaukeln auf langen Wellen und Stukkern auf kurzen ist schon bemerkenswert.
Dann ist man bei nahezu allen modernen Technologien "First in Market". Andere Hersteller kupfern vieles bei BMW ab, beobachte mal genau neue Autos. Da merkt man, wer der Maßstab ist. BMW wird auch gerne als "BenchMarkWagen" bezeichnet.
Natürlich kocht auch BMW nur mit Wasser (aber in größeren Töpfen... ). All das, was BMW hervorbringt, geschieht in einer, im Vergleich zu Audi und Mercedes, geradezu winzigen Entwicklungsabteilung.
Audi ist ein Anhängsel an den VW-Konzern. Die Autos basieren im Wesentlichen auf Massenware, werden aber entsprechend aufgehübscht. Den für hohe Leistungen ungeeigneten Frontantrieb versucht man durch einen Allradantrieb zu kaschieren. Das gelingt aber eben nur bedingt. Die Fahrzeuge leiden alle unter einer miserablen Gewichtsverteilung (zu viel Masse vorne), die Allradler leiden noch an der hohen Reibung des Antriebsstrangs und dem Gewicht der zusätzlichen Komponenten. Insgesamt versucht aber gerade Audi extrem in auf der BMW-Welle des sportlichen Fahrzeugs mitzuschwimmen und ist sicherlich ein direkter Mitbewerber von BMW. Technisch wird gerne 2. Wahl verbaut, das merkt heute eh fast kein Kunde mehr. Zumal man viele technische Unzulänglichkeiten gut kaschieren kann. Beispielsweise das grauenhafte Schwingungsverhalten der V6-Motoren. Durch entsprechende Schalldämmung und hydraulische, gesteuerte Motorlagerungen laufen die Dinger dann auch recht leise und Schwingungsarm. Die optimale Lösung ist das allerdings nicht, nur welcher Kunde hat heute noch wirklich Ahnung von dem, was unter der Haube ist (?). Es gibt W12-Motoren, die auch nicht gerade optimal sind, aber anders sind die 12-Zylinder ja nicht unter die Haube zu bekommen, das muss ja alles vor (!!) die Vorderachse.
Ein Großteil der Fahrzeuge besteht halt aus Komponenten aus der Volkswagen-Großserie. Das muss nicht unbedingt schlecht sein, aber es gibt eben aus Kostengründen oftmals nur die 2. Wahl. Beispiele dafür die lauten Pumpe-Düse Diesel (eine Technologie die schon in den frühen 80ern bei Detroit-Diesel verbaut wurde, aber eben im Nutzfahrzeug), Zahnriemen zu Nockenwellen, V6-Motoren mit 90° Bankwinkel,... Schlechte Zugänglichkeit bei Wartung und Reparaturen, die Autos sind ziemlich verbaut. Die Ersatzteilversorgung kann auch nicht mit BMW mithalten. Ich werde nie verstehen, warum im VW-Konzern ein Auto mit der Fahrgestellnummer nicht eindeutig identifiziert ist. Oder warum kann ein nachbestellter Schlüssel nicht am nächste Tag da sein? Bei BMW geht es doch auch. Die Audi sind aber gut verarbeitet und manchem sagt das Design auch mehr zu als das eines weitestgehend baugleichen VW's. Übrigens, auch Bentley ist nix anderes als Volkswagen-Technik, den alten Arnage mal außen vor gelassen. Der Continental GT ist lediglich ein Phaeton-Coupé.
Tja, und Mercedes ist ein schwieriger Fall. Früher standen die Autos mal für hohe Solidität. Sportlich waren sie nicht gerade, aber man wollte ja auch eine ganz andere Klientel ansprechen, als BMW. Dann hat man unglücklicherweise versucht, auch die BMW-Kundschaft zu bekommen. Das ist in meinen Augen überhaupt nicht gelungen. Vielmehr hat man den Charakter der Marke soweit verwässert, dass heute die Mercedes-Stammkundschaft sich nach Alternativen umschaut, der typische BMW-Fahrer wird auch heute keinen Mercedes fahren. Bei Fahrzeugen, die als Premuim-Marke verkauft werden sollen, baut man nicht die besten, sondern die billigsten Lösungen ein. Die einstmals hervorragenden Reihen-6-Zylinder wurden aus Kostengründen einer V6-Baureihe geopfert, die niemals mehr die Qualitäten der alten Baureihe erreicht hat. Aber, der V6 war einer der am billigsten zu produzierenden 6-Zylinder der Branche.
Man hat häufig bei der Qualität gespart, um effizienter zu produzieren. Man hat es dann aber auch übertrieben, so dass viele Kunden abgewandert sind. Heute kann man das an den Verkaufszahlen ablesen. Ein Mercedes gilt schon lange nicht mehr als Qualitätsmaßstab. Eigentlich stelle ich mir immer die Frage, warum kauft man so ein Auto? Fahrwerk? Bestimmt nicht. Motor? Ich lach mich kaputt. Image? Da zitiere ich gerne meinen Vater, der nun auch schon über 65 ist: "So alt kann ich gar nicht werden, dass ich Mercedes fahre..."
Einen Punkt habe ich bisher ganz bewusst nicht erwähnt. Das Design. Das ist natürlich absolut Geschmackssache und sicherlich bei mancher Kaufentscheidung ausschlaggebend. Das entzieht sich auch jeder objektiven technischen Betrachtung. Auch der örtliche Händler kann Einfluß auf die Kaufentscheidung haben. Und da es eigentlich keine richtig "schlechten" Autos mehr gibt, wird manch einer sicher auch mit einem Mercedes oder Audi glücklich. (...ich bestimmt nicht... )

Gruß,
Christian.
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