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Alt 04.08.2007, 18:25   #16
Klassiker
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Zitat von ThomasG Beitrag anzeigen
Mit dieser Bemerkung signalisierst du zunächst mal, dich noch nicht hinreichend mit Kompressions-Techniken beschäftigt zu haben. Insofern wäre zunächst mal zu empfehlen, einschlägige Literatur zu studieren und dann weiter zu diskutieren. Als Einstieg wäre Externer Link (&Ooml;ffnet in neuem Fenster, der Forumsbetreiber distanziert sich vom Inhalt extern verlinkter Seiten.) http://de.wikipedia.org/wiki/MP3 zu empfehlen.
Wie sehr sich der Poster, auf den Du Dich beziehst, mit Kompressionstechniken beschäftigt hat, kann ich nicht wissen, aber es ist unerheblich. Denn: sofern ein Klangergebnis unter Nutzung eines Kompressionsverfahrens (hier: MP3) unterschiedlich ist zu demjenigen ohne Verwendung des in Frage stehenden Verfahrens, hat das Ohr schon geurteilt: die Kompressionstechnologie verzerrt, und die wissenschaftliche Durchdringung des Ungenügenden ist nicht mehr vordringlich.

Die mathematischen Grundlagen und Verfahren für das MP3-Verfahren sind wohl (relativ) einfach zu fassen, aber mir machen die „psychoakustischen“ Merkmale des Verfahrens wesentlich mehr Bauchschmerzen. Das ganze MP3-Kodierverfahren scheint maßgeblich auf die technologische Umsetzung psychoakustischer Annahmen zu beruhen, aber ich habe nirgends eine Beschreibung der verwendeten Filter und (psychoakustisch) begründeten Algorithmen gefunden. Die aber sind genau der Knackpunkt des ganzen Verfahrens: ein Otto-Normal-Hörer mag zwischen MP3 und Quelle keine Unterschiede feststellen können (oder wollen), der geschulte Hörer aber sehr wohl.

Leider ist mir die maßgebliche Literatur der Psychoakustik nicht geläufig; Wikipedia ist aber sicher kein geeigneter Ausgangspunkt für ernstzunehmende Recherchen (von aller Quellenkritik abgesehen). Ganz interessant finde ich hingegen das Paper von Bob Stuart Externer Link (&Ooml;ffnet in neuem Fenster, der Forumsbetreiber distanziert sich vom Inhalt extern verlinkter Seiten.) http://www.meridian-audio.com/w_paper/Coding2.PDF , das als Vortrag auf der AES-Tagung in New York in 1997 Furore machte. Wenn Du zum aktuellen Forschungsstand der Psychoakustik und ihrer technischen Anwendung tiefergehende Kenntnisse hast – was ich aufgrund Deines Postings doch vermuten darf –, wäre ich für entsprechende Literaturverweise (gerne auch kommentiert) sehr dankbar.

Solange die dem MP3-Verfahren zugrunde liegenden psychoakustischen Annahmen aber von uns nicht verstanden werden, mag ein Blick auf die Webseite des Lizenzgebers für MP3 hilfreich sein: Externer Link (&Ooml;ffnet in neuem Fenster, der Forumsbetreiber distanziert sich vom Inhalt extern verlinkter Seiten.) http://www.mp3licensing.com/mp3/index.html Siehe, selbst der Lizenzgeber schreibt, dass bei der Kompression eine Verschlechterung der Audioqualität stattfindet. Es braucht hier also gar niemand mehr darüber zu streiten, ob die Qualitätseinbuße da ist oder nicht; sie ist da. Es bleibt alleine die Frage, ob der individuelle Hörer die Unterschiede wahrnehmen kann oder nicht.

Dass viele Menschen keinen Unterschied zwischen dem Original und seiner MP3-Reproduktion feststellen können, will ich nicht abstreiten; dafür gibt es wohl mehrere Ursachen. Zunächst sind sicher nicht alle Menschen in der Lage oder willens, ihre Konzentration auf das Gehörte zu richten (Beschallung ist in unserer Gesellschaft ein derart allgegenwärtiges Phänomen, dass wir es wohl verlernt haben, aufmerksam zuzuhören). Weiter haben viele Menschen keinen Bezug mehr zu echten Klängen und damit keinen verlässlichen Bewertungsmassstab für elektronische Klangreproduktion: wer stets nur elektronisch produzierte und reproduzierte Klänge hört, kann nicht mehr verlässlich unterscheiden, welche Klangeigenschaften gewollt und welche durch Fehler in der Abspielkette eingeführt wurden. Wer aber durch persönliches Erleben genau weiß, wie eine Geige (oder besser: ein bestimmter Geiger) sich anhört, wie eine Flöte oder eine Stimme (auch im Theater ohne elektronische Verstärkung!) klingt, hat eine verlässliche Grundlage und kann die Klangreproduktion gegen diese bewerten.

Dass viele Menschen also nicht in der Lage sind, komprimierte und unkomprimierte, digitalisierte oder nicht-digitalisierte Signale, DSD- oder PCM-Kodierverfahren auditiv zu unterscheiden mag stimmen. Ein Beweis für die Fehlerfreiheit oder auch nur für hinreichende Leistungsfähigkeit dieser Technologien ist das lange noch nicht. Es ist lediglich ein Beweis für die fehlende Urteilsfähigkeit dieser Hörer.

Für die Beurteilung der Qualität einer Musikreproduktion bleibt das geschulte Gehör der einzig verlässliche Maßstab.
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